Panychida - Gabreta Aeterna

Review

„Panichida“ ist in der orthodoxen Kirche die Bezeichnung für einen Totengottesdienst zum Gedenken an die Verstorbenen, der in der Regel nach der eigentlichen Totenfeier stattfindet, oft am Todestag der nachfolgenden Jahre. „Panichida“ ist ebenfalls der Name eines Albums der polnischen Senkrechtstarter BATUSHKA unter dem Banner von Krzysztof “Derph” Drabikowski, nach dem Clinch und dem Bruch mit Bartłomiej „Bart“ Krysiuk, der mit „Hospodi“ seine eigene Version von BATUSHKA vorstellte. Die Tschechen PANYCHIDA aus Pilsen wiederum liefern nicht solche lauwarmen Ergüsse wie die Polen ab und haben auch musikalisch mit orthodoxem Black Metal eher weniger zu tun, sondern inkorporieren viel lieber ein paar Folk-Einflüsse, Thrash und eine gehörige Portion traditionellen Heavy/Epic-Metal in ihre Schule des Pagan-Black-Metal.

Mit „Gabreta Aeterna“ geht’s nicht in die Kirche, sondern in den böhmischen Wald

PANYCHIDA existieren seit 2004, bringen mit „Gabreta Aeterna“ nun ihr fünftes Album über Folter Records heraus und da geht es nicht in die Kirche, sondern in den Böhmerwald (tschechisch Šumava) durch verschiedene Jahrzehnte, unter anderem auch zur Zeit des ersten Weltkriegs. Auffällig ist hier die unorthodoxe Verquickung der Genres, das technische Vermögen der Musiker und auch das Händchen für gutes Songwriting. In dieser Art und Weise erinnern PANYCHIDA ein wenig an die Polen FURIA, die auch mehr als „nur“ Black Metal sind und sich ihren ganz eigenen, unvergleichlichen Stil zusammenkochen.

Schon Intro „Kraijna“ im Doppelpack mit eigentlichem Opener „Bílý Samum“ startet noch recht traditionell, aber schon mit „Nikoho pán, nikoho sluha“ geht es etwas thrashig und groovig angehauchter weiter. Hier klingt aber auch ein wenig die folkige und epische Seite in den tollen Melodien durch, die auf nachfolgenden Songs noch ausgebaut sein wird. Selbst NWOBHM-Twingitarren sind mit dabei. Auch eine ordentliche Portion der osteuropäischen, liebenswerten Kauzigkeit, wie sie etwa auch MASTER’S HAMMER, MALOKARPATAN und ähnliche Bands kultiviert haben, ist bei PANYCHIDA zu vernehmen, wenn auch vielleicht nicht ganz so extrem und auch nicht hinsichtlich einer gewissen instrumentalen Primitivität, eher ganz im Gegenteil.

 

PANYCHIDA entführen in eine andere Region, eine andere Zeit und ein anderes Verständnis von Black Metal

Alles ist legitim zur Würzung der Songs bei PANYCHIDA: Ob das atmosphärische Samples, Kinder(chöre), das Plätschern eines Flusses, Kirchenchoräle und-glocken, Streicher aus Retorte, ein wenig Deutschtümelei in „Totenbretter“ oder sonstiges sind, alles wird Song-gerecht zusammen geschmissen oder in einer der beiden Zwischenspiele ausgelagert. Auch stimmlich gibt es von den typischen Screams über Spoken-Word-Passagen, cleanen Passagen und vielen weiteren Lautäußerungen eine äußerst abwechslungsreiche  Leistung.

Ob die extrem melodiösen und eingängigen, aber trotzdem mit allerhand Headbanging-Riffs ausgestatteten „Abele“ und „Trampus – o samotě a smrti v odlehlých končinách“ oder eher die länger und verspielter angelegteren Tracks „Válečná běsnění“ und „Bludné ohně na stráních Hirschensteinských“, hier ist eigentlich für jeden was dabei. „Todesmarsch“ und „Totenbretter“ versuchen sich dann noch ein wenig an der langen Epik und haben fast ein wenig was von PRIMORDIAL in Tschechisch, gerade auch was die folkigen Einflüsse bei letzterem angeht, mit gleichzeitig wesentlich stärkerer Schlagseite an Black und Heavy Metal im Pagan-Metal-Gebräu .

Leute, die was mit klassischem Heavy-Metal, (Melodic) Black Metal oder auch einfach nur den genannten Referenzen was anfangen können, sollten „Gabreta Aeterna“ definitiv austesten. Osteuropa ist eine Fundgrube an wirklich tollen Bands, wenn man seinen Kopf nur weit genug hinein steckt und sich auf teilweise sehr ungewöhnliche Zusammenspiele verschiedener Genres einlassen kann.

 

20.11.2020
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