Ozzy Osbourne - Black Rain

Review

„Ein Brett“ also soll „Black Rain“ sein. Was soll das heißen? Das neue OZZY-Album ist lang? Schmal? Hölzern? Man kann es vor dem Kopf mit sich herumtragen? Möglich, nach sechs Jahren kann so einiges geschehen sein. Ist es aber natürlich nicht, außer dass OZZY geschätzte 20 Jahre gealtert ist (auf dem Cover aber immer noch aussieht wie Ende 30) und Zakk Wylde partout nicht schlechter wird an seiner Gitarre, sondern offenbar nur noch besser.

Zakk ist es auch, der „Black Rain“ mehr als OZZY selbst geprägt hat, denn sein unverwechselbarer Gitarrenstil ist ausschlaggebend für den Sound von OZZY OSBOURNE, im Grunde schon seit dem sechzehn Jahre alten „No More Tears“. Das Einstiegsriff zum Opener „Not Going Away“ ist tonnenschwer und ordnet den Song schon nach wenigen Sekunden in die Kategorie „Hinhörer“ ein – ein stampfendes, gnadenlos walzendes schwarzes Ungetüm, zu dem OZZY zunehmend wütender ein Resumee seiner letzten Lebensjahre vollträgt: „Don’t tell me I’m wrong […] / I’ve got nothing to hide / I’m not guilty inside / I won’t give up / After all I’m still crazy“. Das mutet verdammt ironisch an, wenn man den zerbrechlichen Mann vor Augen hat, den man auf MTV bewundern konnte und der sicher nicht wenige Aufputschmittel und Fitnessspritzen gebraucht hat, bis er zu den Gesangsaufnahmen zu „Black Rain“ fähig war. Die sind übrigens öfters mit obskuren Verzerrungen und Effekten moduliert – auf der stimmlichen Höhe der 80er ist der Mann eben nicht mehr, und das kann man auch hören.

Aber das ist vergessen und vielleicht auch eine brachiale Fehleinschätzung, denn nicht nur „Not Going Away“, auch das folgende „I Don’t Wanna Stop“ und andere Songs des erstaunlich lebhaften Albums sind ein einziges Statement: der alte, aber gar nicht weise Mann des Heavy Metal macht weiter und singt noch immer mit seiner typisch nasalen Stimme, und vermutlich macht er weiter, bis sein Körper ihn ins Rockjenseits befördert. Wahrscheinlich lebt diese Band deshalb seit 27 Jahren weiter, weil sie trotz ihres Alters und ihrer Ausrichtung nicht stehenbleibt: „The Allmighty Dollar“ besticht mit fast bluesigem Bass und stonerrockigen Riffs, ebenso „Countdown’s Begun“, „11 Silver“ ist für Zakk-Verhältnisse fast punkig auf der einen, schwebend-sphärisch auf der anderen Seite, und „Trap Door“ enthält teilweise modern-treibende Gitarrenparts und elektronische Elemente, teils sehr an Prog-Rock erinnernde Soli. Sowieso: was Zakk an Soli für „Black Rain“ auffährt ist sagenhaft und beeindruckender als seine Riffs, die sich nach einer gewissen Spielzeit schon ein wenig abnutzen. Das Arrangement, dem man die Routine und das Alter durchaus anhört (inklusive des teilweise sehr unauffälligen Drumeinsatzes), ist auch der einzig wirklich Kritikpunkt an dieser Platte. Allerdings: wer nicht auf Altherrenmusik steht, hat sich vermutlich schon lange vor „No More Tears“ von der Band verabschiedet haben. Wenn man den Stil mag, gilt aber nicht einmal das nicht sehr innovative Arrangement als Argument.

Solange alle paar Jahre noch so stilsichere Songs wie das Titelstück (erinnert sehr an „Mr. Tinkertrain“) oder die natürlich nicht fehlenden Balladen „Lay Your World On Me“ (offenbar eine Fortsetzung des „Dreamer“-Superhits) und das anrührende „Here For You“ herauskommen, sollte sich jeder Liebhaber guter, bodenständiger und ehrlicher Musik wünschen, dass OZZY noch lange lebt. Ich habe das erste Mal bei diesem Mann für mich festgestellt, wie fantastisch zerbrechlich seine Texte sind und wie sehr sie davon zeugen, wonach sich dieser Mann sehnt. Dass er sich überhaupt, mit 60 Jahren, noch nach etwas sehnt, ist alleine Vorbild genug für ganze Generationen von Bands. Ich sehe ein, dass man seine Musik, seine Vergangenheit und sein Wesen nicht unbedingt lieben muss, aber bei all dem muss man trotzdem anerkennen, dass „Black Rain“ für eine Band zweier alter Säcke eine überraschend kraftvolle und zeitlos in Schale geschmissene Scheibe geworden ist. Nicht besser als „Down To Earth“, aber auch nicht schlechter.

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13.06.2007

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