Outre - Hollow Earth

Review

Soundcheck November 2018# 17

OUTRE, die polnischen Senkrechtstarter aus Krakau, konnten 2015 mit „Ghost Chants“ schon gut vorlegen: Moderner, gut produzierter Black Metal mit viel Abwechslungsreichtum und einer gewissen Affinität auch zum Death Metal. Auch auf der vorigen EP „Tranquility“ (2013) ging man schon technisch höchst beeindruckend zu Werke, weniger Black Metal als vielmehr irgendwas zwischen ISIS und NEUROSIS mit Black-Einflüssen, geschwängert mit gewissen Post-Anleihen. Davon war auf „Ghost Chants“ freilich nicht mehr viel zu hören: Vielmehr wurde in Richtung französischer Dissonanz geschielt und Fronter Stawrogin nahm mit seiner variablen Stimme einen emotional mit: Zwischen Flüstern, Schreien, tiefen Death Growls und Wimmern fährt er seit jeher seine ganz eigene Schiene.

Man bekommt wie gewohnt OUTRE auf „Hollow Earth“

Was kann nun aber der neueste Streich „Hollow Earth“? Der Promozettel sagt uns, dass es erneut dissonanten Black Metal mit runtergestimmten Gitarren in Death-Metal-Manier zu hören gibt, angereichert mit sludigen Grooves. Den Sludge höre ich nicht wirklich raus, für den Rest gibt es neben Geld ins Phrasenschwein allerdings auch Bestätigung. Nach dem Intro „Spheres Within“, welches unheilvoll einleitet, aber auch ein wenig über ist (zu jeder ordentlichen Black-Metal-Band gehört schließlich ein Intro, richtig?), geht es ohne Schnörkel in „The Order of Abhorrence“ los.

Der Song, gleichzeitig auch erste Auskopplung, blastet fix ohne viel Verluste voraus, wird im Mittelteil kurz gebremst und geht dann wie gewohnt von OUTRE aggressiv nach vorne weiter. Nachfolger „Combustion“ startet mit einer dunkler Atmosphäre und legt gedrosselt los, spielt dann aber später mit mächtigen Riffwänden auf. „Let the Earth be silent“ ist ein wenig ausladender und vereint Raserei mit eingängigen dissonanten Akkorden, drosselt das Tempo im hinteren Drittel und legt ebenfalls eine bedrückende Stimmung vor.

„Distant Daylight“ geht langsam und zaghaft (und ein wenig lahm) los, um dann in der Mitte des Songs wieder bedrohlich aufspielende Leads und ausreichend Geprügel bereit zustellen. „Aberrations“ zieht unermüdlich über einen her, ehe es mit dem Titelsong „Hollow Earth“ dann abwechslungsreich zu Ende geht, inklusive Ruhepause und Klargesang im letzten Songdrittel.

Es fehlen Ideen und Mut im Songwriting – „Hollow Earth“ bleibt hinter möglichem zurück

Das alles klingt, nicht auch zuletzt dank dem präsenten Bass im Mix, ziemlich „fett“, bringt aber insgesamt wenig Abwechslung. Zum zweiten ist der Ansatz mit der Keule auch nicht die Stärke OUTRE’s, die ich auf „Ghost Chants“ noch ausmachte: abwechslungsreiche Mischung aus aggressiven, melancholischen, dissonanten Parts und ein Songwriting, das einen emotional mitnimmt.

Gute Ansätze sind auch auf „Hollow Earth“ da, aber so richtig was mit ihnen machen OUTRE dann doch nicht. So gibt es freche Selbstkopien (das Break in „Let The Earth Be Silent“ ist fast 1:1 von „Lament“ vom Vorgänger geklaut) und zu simple Riffs, die sich für meinen Geschmack zu lange ziehen (ebenfalls in „Let the earth be silent“, der Anfang von „Distant Daylight“). Ebenfalls zieht sich eine große Gleichförmigkeit, und zwar über das gesamte Album.

Ein bedrohliches und bedrückendes Monstrum erschaffen OUTRE, aber es ängstigt einen nicht wirklich, dazu fehlt es an Varianz in den Attacken. Was schade ist, denn so vereinsamt das musikalische Vokabular, was OUTRE definitiv haben (die Vorgänger sind Beweis genug dafür). Auch stimmlich ein Rückschritt, denn Stawrogins Platz hinterm Mikro wurde von Mateusz Zborowski übernommen, der seinen Job souverän erledigt, aber eben auch nicht mehr.

Das OUTRE es eigentlich anders könnten, beweisen sie etwa im Titelsong „Hollow Earth“ mit netter Leadarbeit und abwechslungsreicherem Songwriting. Der Rest ist dann leider größtenteils schnörkellose Black/Death Metal-Standardware. Schade, hatte mich sehr gefreut auf eine neue Platte und OUTRE enttäuschen ein wenig mit Ideenlosigkeit und Regression in primitivere, aggressivere Gefilde, statt songwriterischer Progression. So hoffe ich, dass OUTRE in Zukunft nicht ähnlich zum Hirsch auf dem Cover zu den Ausgestorbenen gehören werden. Reinhören vor Kauf daher angeraten.

 

 

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17.10.2018

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2 Kommentare zu Outre - Hollow Earth

  1. Schraluk sagt:

    Teile die Einschätzung der Rezension. Die ‚Ghost Chants‘ gehörte 2017 zu einem meiner absoluten BM-Faves des Jahres. Auch die Split mit ‚Barshasketh‘ war saugeil. Hier wirken die Leuts dann doch ein wenig uninsperiert, gelangweilt und einfallslos. Schade eigentlich. Aufgrund der wirklich nach wie vor zahlreichen Perlen aus Polen, kann man hier nicht mehr als 5 Punkte geben. Ich verweise, auch aufgrund personeller Überschneidungen, weiterhin auf ‚Biesy‘ die mit ‚Noc lekkich obyczajów‘ auch im letzten Jahr ein viel zu wenig beachtetes Debut herausbrachten. Das Ding passt weit mehr zu ‚Ghost Chants‘, als dieses luftleere Ding hier.

    5/10
  2. Modwerfer sagt:

    Kann ich so nicht teilen. Hab mir die Scheibe geholt und finds ein recht geiles Album. Bei mir persönlich muss das Rad nicht immer neu erfunden werden und darf ruhig schörkellos sein. Für mich mind. Ne acht.

    8/10