Spätestens seit ihrem 2011er-Zweitwerk „Kosmonument“ haben viele scheuklappenlose Black-Metal-Freunde die Finnen ORANSSI PAZUZU auf dem Zettel. Psychedelisch wabernd, grell schimmernd und grenzenlos dahinmäandrierend ist jenes mehr als einstündige Werk die unbarmherzig verschlingende Schwarzwurzel-Version einer Weltraumodyssee. Nein, das kann man höchstens ganz grob mit NACHTMYSTIUM auf deren „Addicts“-Album vergleichen, denn ORANSSI PAZUZU wirken weniger poppig, merklich organischer und trotzdem noch viel entrückter.
Und der Irrflug des orangefarbenen, den Namen es Winddämonen aus der babylonischen respektive assyrischen Mythologie tragenden Raumschiffs geht mit dem Drittwerk „Valonielu“, was soviel wie „Lichtsenken“ bedeutet, weiter. Wie gehabt gleitet die Besatzung an den entlegensten Sternen vorbei, die Steuerung des Vehikels ausgefallen und kaum mehr zu reparieren, das Quintett dem Wahnsinn nahe. Beleuchten wir nur beispielhaft einige Etappen dieser Reise mit dem Ziel Endlosigkeit: „Vino Verso“ könnte davon künden, wie das Schiff von Eis- und Gesteinsbrocken kräftig durchgerüttelt wird – ein Stampfer mit Elektronika- beziehungsweise Industrial-Schlagseite, merkwürdig kalt und dennoch schwer greifbar lebendig zugleich –, bei „Uraamisula“ trudelt man nach den Strapazen wieder im fiebrigen Dämmerschlaf dahin – bizarre bis unbehagliche Tonfolgen mischen sich mit dem fiesem Gekeife –, bevor sich mit dem sich langsam, aber mächtig auftürmenden „Ympyrä On Viiva Tomussa“ das nächste Unheil ankündigt – ein 15-minütiges, im ersten Drittel äußerst ruhiges Opus mit überaus gelungenem Spannungsbogen; zugleich neben „Olen Aukaissut Uuden Silmän“ das klassischste Lied der Platte mit deutlichen DARKTHRONE-Reminiszenzen, aber dennoch von zahllosen, niemals zu aufdringlichen computerisierten Pieps- und Surrlauten durchzogen. Dann ist es vorbei – und man darf fast sicher sein, dass bei nächster Betrachtung vieles doch wieder ganz anders erscheint.
Wäre „Valonielu“ keine Musik, sondern ein Foto, es wäre ein hochauflösendes Abbild unserer Milchstraße, bei dem die lediglich von einzelnen Lichtpunkten erhellte Schwärze den Black Metal abbildet, die gelblich, rötlich und violett getünchten Nebel die Psychedelic Rock- und Elektronik-Einflüsse. Es ist wahrlich astrale Klangkunst, mühelos Brücken zwischen Welten schlagend wie der Raumgleiter mit Überlichtgeschwindigkeit; eines der Alben, bei denen es beinahe verschwendete Zeilen sind, mit starren Genrenamen um sich zu werfen, entpuppen sich ORANSSI PAZUZU doch erneut als unberechenbar und unbekümmert wie eine 19-jährige, promiskuitive Amazone aus dem Alpha-Centauri-Sternsystem. Schade bloß, dass die fünf Sternenreisenden deutlicher noch als auf „Kosmonument“ immer nur an der Schwelle zum Wahnsinn kratzen und diese niemals überschreiten – die letzten Quäntchen mehr (schwarzmetallische) Extreme und (psychedelischer) Irrsinn hätten „Valonielu“ noch größer gemacht.
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