Orange Goblin - Science, Not Fiction
Review
ORANGE GOBLIN haben eine neue Sicht auf die Dinge gewonnen. Zumindest Frontmann Ben Ward sieht die Welt inzwischen mit anderen Augen, was sich auch in den Texten der britischen Stoner Rocker niederschlägt. Der ehemalige Kampftrinker ist seit zwei Jahren nüchtern und sieht nach dem schonungslosen Blick ins Innere nun kritischer auf die Gesellschaft.
Entsprechend deutet bereits der Albumtitel „Science, Not Fiction“ an, dass der Langspieler sich um Klarheit bemüht. Populistische Politik, verschwörungsversuchte Social-Media-Plattformen, hassschürende Medien und weitere bekommen in insgesamt neun Songs ihr Fett weg.
ORANGE GOBLIN sind angepisst wie nie zuvor
Tatsächlich klingt die Band so angepisst wie nie zuvor. ORANGE GOBLIN entstammen der Stoner-Rock-Explosion, die Mitte der 1990er stattfand und orientierten sich in den schnellen Parts gerne bei MOTÖRHEAD. Fast drei Jahrzehnte zelebrierten die Briten das Image des nihilistischen Bikers mit ein paar permanenten Promillepunkten, zugespitzt auf dem letzten Album „The Wolf Bites Back“ mit dem Song „Renegade“ in dem es heißt: „Bad Blood and Whiskey are all that I need.“
Auf „Science, Not Fiction“ ist die rauflustige Party hingegen vorbei und die Ausgenüchterten stehen plötzlich den jüngsten Krisen gegenüber. Vor allem die Pandemie hat Spuren auf dem Album hinterlassen. Im Song „False Hope Diet“ rechnet Ward mit den Schwurbelkaspern ab, die einfache Lösungen versprechen, letztlich aber vor allem auf das Geld der Leichtgläubigen aus sind. Gleichzeitig klagt er aber auch über „mystery vaccines for man-made epidemics from their corporate machines“ und stößt damit ins gleiche Horn wie einige Social-Media-Gurus.
Im Song „(Not) Rocket Science“ stellt Ward jedoch klar, dass er kein Lehrmeister oder Prediger sein will, „but I’ve got a bit to say and I’m the one with the mic„. Das Album klingt deswegen so angepisst, weil es ehrlich und authentisch ist, auch wenn man über manche Ansichten und zynische Kalenderspruchlyrik wie in „Ascend the Negative“ oder „The Fury of a Patient Man“ geteilter Auffassung sein mag.
„Science, Not Fiction“ ist um Klarheit bemüht
Die Musik ist entsprechend roh und ruppig. War „The Wolfs Bites Back“ noch eine abwechslungsreiche Werkschau, richten ORANGE GOBLIN ihren Fokus dieses Mal auf harte Rock-Nummern mit druckvollem Sound und psychedelischen Elementen. Dabei sind diese nie stumpf oder ideenlos. Vor allem Tieftöner-Neuzugang Harry Armstrong setzt frische rhythmische Akzente und überrascht immer wieder mit treibenden Bassläufen.
Doch die zweite Hälfte von „Science, Not Fiction“ schafft es nicht, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Es ist so, als hätte die Band nach „Cemetary Rats“, das als psychedelische Doom-Nummer beginnt und sich in eine Stoner-Thrash-Nummer álá HIGH ON FIRE steigert, ihr Pulver verschossen. Die folgenden Tracks beginnen zwar jeweils mit interessanten Ansätzen, nudeln diese aber bis zum Abwinken durch und kommen schließlich nicht auf den Punkt.
Ein neuer Blick in die selbe Richtung
„Science, Not Fiction“ weicht nicht vom bisherigen Schaffen von ORANGE GOBLIN ab. Stoner Rock, ein bisschen Heavy Metal und ganz viel räudiger Rock-Charme machen auch dieses Album zu einer unterhaltsamen Angelegenheit für Fans. Wer die Band aber erst einmal beschnuppern möchte, sollte „The Wolf Bites Back“ oder die immer noch gültige Blaupause „Time Travelling Blues“ aufdrehen.
Der neu gewonnene Blick der Band richtet sich also immer noch in die selbe Richtung. Doch sowohl musikalisch als auch lyrisch wirkt die Gruppe nun ernster. Nicht nur die Party, auch die Zeitreise ist vorbei und der „Time Travelling Blues“ kickt angesichts dieser Gegenwart so richtig rein. „Science, Not Fiction“ bietet dafür keine konkrete Lösung, sagt aber im Song „(Not) Rocket Science“ auf kitschige wie sympathische Weise über das Leben: „It’s not rocket science and we are doing alright!“
Orange Goblin - Science, Not Fiction
Band | |
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Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Heavy Metal, Stoner Rock |
Anzahl Songs | 9 |
Spieldauer | 46:52 |
Release | 19.07.2024 |
Label | Peaceville |
Trackliste | 1. The Fire at the Centre of the Earth Is Mine 2. (Not) Rocket Science 3. Ascend the Negative 4. False Hope Diet 5. Cemetary Rats 6. The Fury of a Patient Man 7. Gemini (Twins of Evil) 8. The Justice Knife 9. End of Transmission |