Ophidian I - Desolate

Review

Island ist eher für raue Black-Metal-Bands oder gefühlvoll-folkige Vertreter bekannt, aber nun schickt sich mit OPHIDIAN I eine Band an, Tech-Death aus dem Land von Feuer und Eis zu etablieren. „Desolate“ ist dabei kein Debütalbum, sondern nach einer langen Wartezeit von neun Jahren der Nachfolger zum Debüt „Solvet Saeclum“ aus dem Jahre 2012.

„Desolate“ stellt technische Frickelei in den Vordergrund

Darauf zockt der Fünfer Tech-Death quasi nach dem Lehrbuch: moderne, schon eigentlich zu sterile Produktion, Blasts und wahnwitzige Sweeps am laufenden Band, überwiegend halsbrecherische Geschwindigkeit. Das alles haben auch Bands wie INFERI, ARCHSPIRE und viele weitere ebenso drauf. Und im Gegensatz zu hochklassigen Vertretern wie OBSCURA oder SPAWN OF POSSESSION fehlt hier noch das berühmt-berüchtigte Alleinstellungsmerkmal. Interessante Parts, griffige Hooks oder andere Kniffe, die das akustische Dauerfeuer auflockern, sind hier mit der Lupe zu suchen.

Auch Sänger Ingólfur Ólafsson bleibt solide, aber relativ unspektakulär mit seinen Growls und ist mehr Begleitwerk zur Musik denn weiteres Qualitätsmerkmal. An den instrumentalen Fähigkeiten kanns nicht liegen, dass der Großteil des Albums rein in die Ohren und wieder raus geht. Vielmehr wird oftmals lieber selbstverliebt gefrickelt, anstatt sich mal ein wenig mehr Gedanken ums Songwriting machen, wodurch die Songs selber sehr leiden.

OPHIDIAN I zelebrieren leider Tech-Death-Klischees zu sehr

Das Motto von OPHIDIAN I scheint eher an einen berühmten kleinen blauen Igel angelehnt: „Gotta go fast!„. In Anbetracht der Jagd nach Geschwindigkeit und so vielen Noten wie möglich sind die Songs zu erwart- und austauschbar geraten. Das ist ein wenig, wie bei einer Olympiade dem Favoriten zuzuschauen, bei dem eh schon klar ist, dass er als erster die Ziellinie überquert. Das mag immer noch beeindruckend sein, aber auch nicht besonders spannend. Bodenhaftung, Abwechslung, Spannung, all das fehlt auf „Desolate“ ziemlich. Momente bei Bands wie RIVERS OF NIHIL, BEYOND CREATION oder FALLUJAH, die zwischen all dem Wahnsinn auch Räume für Ruhe, Atmosphäre oder amtliche Moshparts lassen, sind auf „Desolate“ zu spärlich gesät. Stattdessen werden eigentlich die Tech-Death-Klischees geradezu zelebriert.

Abgesehen vom Flamenco-Intro in „Captive Infinity“ gibt es hier zehn mal in vierzig Minuten auf die Zwölf. Und eine Band wie ALLEGAEON schafft auch das Einbeziehen solch exotischen Instrumentariums auf eine Art und Weise, ohne dass es sich wie ein Fremdkörper oder Gimmick anhört. Auf „Desolate“ wäre für OPHIDIAN I sehr viel mehr drin gewesen, hätten sie sich weniger auf instrumentale Muskelspielchen und mehr auf interessante Songs konzentriert. Manchmal ist weniger eben mehr.

25.07.2021
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