Opeth - Deliverance & Damnation (Remastered)

Review

Die Frage, wie nötig ein Remix eines Albums ist, soll hier nur sporadisch verhandelt werden. Der Mehrgewinn eines solchen Unterfangens ist nicht selten die zeitgemäße Aufbereitung eines klassischen Stoffes – so auch bei OPETH. Letztlich ist das Hauptargument, die Neuauflage zu erwerben, dass sich diese homogener in den aktuellen Sound der Schweden einreiht. Somit sind „Deliverance“ und „Damnation“ nicht mehr Abbilder der Band des Jahres 2003, sondern das zwölf Jahre alte Material wurde soweit justiert, dass es in das aktuelle Klangbild passt, wovon „Deliverance“ noch weit mehr profitiert als „Damnation“. Der 2003er-Mix des semi-akustischen Albums hatte bereits die technische Finesse, der es bedurfte, um die elegische Wärme zu spüren. Anders beim Quasi-Vorgänger. Hier konnte das ursprüngliche Master nicht zutage fördern, was Åkerfeld und Co. in ihrer düsteren Errettung bereithielten.

Bruce Snoord (THE PINEAPPLE THIEF) nahm sich „Deliverence“ an und entledigte sich des Blechernen und Hölzernen aus dem Originalsound, was dem Material sehr gut zu Gesicht steht. Außerdem muss man Snoord zugute halten, dass er das Album nicht auf „hart“ getrimmt hat, sondern jederzeit das feingliederige Element der Kompositionen inszeniert. Das Schlagzeug beispielsweise begräbt während der Doublebass-Attacken nicht gnadenlos alles unter sich, sondern bleibt plastisch. Durchweg sind auch die kleinen Akzente auf dem Ride-Becken oder der Hi-Hat zu hören. Die Gitarren seufzen, heulen auf oder legen sich als Nebeldecke auf die Songs. Auch der Bass ist jederzeit klar zu hören und entfaltet sich wunderbar voluminös unter den Gitarren.

Auch das Remaster von „Damnation“ lässt die alten Perlen in neuem Glanz erstrahlen. STEVEN WILSON, auch 2003 für den Mix verantwortlich, entschloss sich zusammen mit der Band, die Songs zu „sanieren“. Das Fundament und die tragenden Elemente bleiben unangetastet, jedoch die zierenden Stuckarbeiten wurden erneuert, lichtspendende Fenster eingebaut und letztlich durch Detailarbeiten aufgewertet.

Die Exposition von „Hope Leaves“ klingt immer noch zärtlich wie Herbstlaub, das auf einer feuchten Wiese landet. Das angedeutete Gitarrensolo ist eine kurze Böe, welche den Blättern einen letzten Ruck gibt, ehe die Lyrik Åkerfelds die Jahreszeit des Vergehens endgültig konstituiert. Überhaupt zeigen sich die sorgenvoll sinnlichen Klanggemälde aus der mittleren Schaffensphase der Schweden voller, weiter und tiefer. Es ist, als hätte man einen in der Tiefe vermuteten Schatz geborgen, um diesen in einer historischen Grabstätte auszubreiten. Um die Wichtigkeit desjenigen, der dort seine letzte Ruhestätte fand, auszukleiden, mit Goldfragmenten die Wände zu drapieren, Edelsteine auszulegen, die das Licht brechen und reflektieren, wodurch vereinzelte Lichtflecken den sonst neblig verhangenen Widerschein des Grabes erhellen.

So besticht die Neuauflage durch ihr differenziertes Klangbild. Sowohl der Begleittext als auch ein das Release ankündigender Facebookpost der Band legen nahe, dass nun, zwölf Jahre später, sowohl Produzent STEVEN WILSON als auch die Band selbst überzeugt davon sind, in den Stücken das Potential erweckt zu haben, welches von jeher in ihnen schlummert.

Die Rezension bezieht sich auf den neuen Stereo-Mix, nicht den ebenfalls beiliegenden Surroundmix.

09.11.2015
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