Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
Sakrale Chöre, bedrohliche Snythesizer-Sounds, ein schreiendes Kind und eine tief sprechende Stimme. Bereits beim Intro von „Unrein“ wird klar: 1998 sind OOMPH! noch weit von Kinderreimen und Top-10-Platzierungen entfernt.
Stattdessen verbreiten Songs wie „Unserer Rettung“, „Die Maske“ oder „Bastard“ eine ungemein düstere Stimmung. Ihre EBM-Wurzeln lassen OOMPH! bei ihrem fünften Album endgültig hinter sich. Auf „Unrein“ dominieren harte Gitarrenriffs sowie gutturaler Gesang. Die Synthesizer sind immer noch da, liefern zumeist aber atmosphärische Melodien oder laufen als Unterstützung der Riffs im Hintergrund mit. Einzige Ausnahme bildet hier das Instrumental „Zero Endorphine“, in dem sich die Keyboards so richtig austoben.
OOMPH! mögen es düster
Das restliche Songmaterial besteht überwiegend aus knackigen Midtempo-Stampfern, die regelmäßig durch überraschende Breaks aufgebrochen werden. Doch das kann über die weitestgehende Gleichförmigkeit der Tracks leider nicht hinwegtäuschen. Mit knapp 70 Minuten ist die Platte auch alles andere als kurz geraten. Gegen Ende geht „Unrein“ deshalb leider ein wenig die Puste aus.
Bis dahin allerdings überzeugen OOMPH! mit einigen der besten Songs, die die Neue Deutsche Härte je hervor gebracht hat. Der verstörende Titelsong wechselt gekonnt zwischen zerbrechlichen Tönen, epischen Melodien sowie brachialen Riffs. Demgegenüber steht mit „Gekreuzigt“ ein waschechter Hit, der sich dank seiner Einfachheit augenblicklich in die Gehörgänge frisst. Mit „Anniversary“ durchbricht zudem eine astreine Partynummer die ansonsten düstere Stimmung.
„Unrein“ folgt einer klaren Linie
Textlich gestaltet sich „Unrein“ als eine Art loses Konzeptalbum. In Deros Lyrics wird zwar keine durchgehenden Geschichte erzählt. Allerdings geht es in ausnahmslos jedem Song des Albums um die Themen Glaube und Kirche. Sprachlich wiederum gibt es den von der Band gewohnten Mix aus Englischen und Deutschen Texten. Im Opener „Unsere Rettung“ ist der Refrain sogar auf Latein gehalten. Dieses Wechselspiel der Sprachen gelingt OOMPH! wie kaum einer anderen Band.
1998 ist der RAMMSTEIN-Hype längst real. Doch davon lassen sich OOMPH! nicht beirren und liefern mit „Unrein“ ein rohes NDH-Werk, das sich nicht um Charttauglichkeit schert. Und zu guter Letzt zeugen Sprach-Samples aus „God’s Army“ und „Carlito’s Way“ vom erlesen Filmgeschmack der Band. Eine klare Empfehlung auch für diejenigen, die der Neuen Deutschen Härte eher skeptisch gegenüber stehen.
Das einzige Album von Oomph!, welches ich tatsächlich besitze und gut finde. Davor waren mir Oomph! einfach zu EBM-lastig und danach wurde jedes Album gefühlt etwas kitschiger und Schlager-lastiger. Man kann da also durchaus vom Karrierehöhepunkt der Band sprechen, zumindest qualitativ.
Auch wenn ich Wunschkind noch etwas stärker finde, ist dies hier auch für mich das letzte komplett gute Oomph! Album. Davor war für mich Wüste und danach immer mal wieder ein prima Song. Überhaupt hab ich dieses Zeug, sowie Phase V, Rinderwahnsinn und ich gestehe auch Richthofen damals sehr gerne gehört. Deros Stimme ist hier auch noch das letzte Mal wirklich brutal und die Produktion noch nicht zu steril.
Ich bin ein sehr großer Fan der Frühwerke von Oomph! Damit meine ich vor allem Defekt und Wunschkind. Unrein, Plastik und Ego fand ich auch immer noch sehr gut, wenn auch softer. Wenn man Augen auf! mal ausklammert, fand ich auch Wahrheit oder Pflicht immernoch gut. Danach ging es leider sehr steil bergab. Glaube Liebe Tod gefiel mir nicht mehr wirklich und die nachfolgenden Alben habe ich nicht mehr wirklich gehört. Letztens kam die Nachricht, dass das nächste Album wieder „so hart und düster wie lange nicht mehr“ sein soll… Da bin ich aber gespannt. Ich habe kaum Hoffnung, dass jemals wieder etwas von Oomph so hart und düster wie Wunschkind, INRI vs. J.H.W.H., Ice Coffin oder Born Praised Kissed sein wird.