Manchmal sind Bandtitel und Aufmachung eines Albums einfach irreführend. Aus Ehingen, einem kleinen Kaff in der Nähe von Augsburg, erreicht uns das erste Werk des Musikprojekts ODENS RAVEN. Die CD trägt den Titel „Tod der Welt“, was auf die Ragnarök in der nordischen Mythologie hindeutet, und das Cover zeigt ein Foto des Gokstadschiffs, einem nahezu unversehrten Boot aus einer wikingerzeitlichen Grabsetzung des 9. Jahrhunderts. Und nicht zuletzt Songtitel wie „Aegir“, „Göttersturm“ oder „Die letzten Helden“ lassen schnell an ein weiteres Produkt des derzeitigen Viking/Pagan-Metal-Booms denken.
Doch ganz so einfach ist es nicht: Der Pressetext weist darauf hin, dass ODENS RAVEN „sich als Projekt von [Musikern] versteht, die verschiedene musikalische Richtungen ausloten und Konzepte erarbeiten“ wollen. Folgerichtig verortet die Band „Tod der Welt“ auch im Bereich des Prog Metal und nicht im Viking Metal (wobei sich diese Spielart seit ehedem über den Text definierte). Und so bieten uns die vier Musiker weder einen weiteren Aufguss altbekannter Black-Metal-Riffs oder Blastbeats, noch fröhliche Trinklieder in bester Humppa-Tradition.
„Tod der Welt“ enthält sieben Tracks mit einer Spieldauer von knapp 31 Minuten und beginnt mit einem atmosphärischen Intro, das neben Wellenrauschen stimmungsvolle Synthie- und Gitarrenklänge auffährt. Danach folgt mit „Aegir“ ein Midtempostampfer mit recht traditionell riffenden Gitarren, wobei hier zahlreiche Effekte auffallen, mit denen der Klang modifiziert wird. In der Tat erinnern Zwischenspiele wie „Schwarzer Sand“ oder das überlange Titelstück immer wieder stark an Prog Metal, sei es durch die sich bisweilen kaskadenhaft ergänzenden Arrangements von Bass, Gitarren und Synthies oder die vielseitigen Drumpatterns. Allerdings ist eine übertriebene Zurschaustellung von technischen Fähigkeiten nicht das Ding von ODENS RAVEN: Vielmehr bleibt immer Zeit für erhabene Momente, die aus den traditionell anmutenden Passagen hervorstechen.
Sänger Luke Stuchly krächzt dazu in bester EISREGEN-Manier, wobei er stets auf ein rollendes „r“ achtet. Hier zeigt sich allerdings der größte Schwachpunkt von „Tod der Welt“: Während der Gesang insgesamt in Ordnung geht, lassen die Texte – die allesamt auf Deutsch verfasst sind – kaum ein Klischee aus und sind weitgehend holprig gereimt. Eigentlich schade, dass die Texte nicht als Tüpfelchen auf dem i taugen, denn „Tod der Welt“ hat genügend starke und erhabene Momente und ist insgesamt ein interessantes Konzeptalbum. Ein Konzeptalbum, das sieben Tracks in einer halben Stunde zu einem einzigen Fluss verbindet und schneller vorübergeht als man merkt. Erwähnenswert ist die sehr transparente Produktion von „Tod der Welt“, durch die alle Instrumente ordentlich zur Geltung kommen und die gerade dem Bass einen sehr knackigen Sound verleiht. Hier gilt wie für die Musik: Erstaunlich gelungen.
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