Oddland - The Treachery Of Senses

Review

SMS. Was bisher im Wesentlichen für 160 Zeichen-Kommunikation und einen Werbeslogan des Restaurants „Zur Goldenen Schwalbe“ stand, hat nun auch eine dritte Bedeutung, die für den einen oder anderen Anhänger härterer Klänge relevant sein dürfte: Suomi Metal Star. Ja, es handelt sich hierbei um einen in Finnland durchgeführten Contest (zu dessen Sponsoren unter anderem der Terrorizer gehörte), und ja, ODDLAND aus Turku sind die Gewinner dieses Contests und haben mit ihrem Gewinn einen Deal mit Century Media eingestrichen, wo sie dieser Tage ihr Debut „The Treachery Of Senses“ veröffentlichen.

Und ja, auch ich war zunächst skeptisch, muss man doch von Contest-Gewinnern eine gewisse Massenkompatibilität erwarten – etwas, das (wohl nicht nur) ich gerade im Metal mit einem gewissen Argwohn betrachte. Doch überraschenderweise sind ODDLAND in weiten Teilen wohltuend eigenartig (und zwar im positiven Sinn!) und können durchaus überzeugen.

Die Band, die mir als Vergleich zu dem Vierer am ehesten einfiele, sind die Norweger von MADDER MORTEM – und das ist aus meiner Feder kein kleines Kompliment! Ein ganz wesentlicher Unterschied zu genannter Band ist, dass Sänger und Gitarrist Sakari Ojanen erstens männlichen Geschlechts ist und zweitens nicht ganz so extravagante Gesangslinien verfolgt wie Agnete Kirkevaag. Dennoch verdient der Gesang das Prädikat „eigenständig“ – was, so vermute ich, mit dem Grunge-Hintergrund ODDLANDs zusammenhängt. Instrumental hört man hiervon (zum Glück?) nur noch wenig, ODDLAND fühlen sich offenbar mittlerweile in progressiven Metall-Gefilden sehr viel wohler. Das ist fein, denn die Gitarrenarbeit und das Drumming sind technisch einwandfrei und meistens auch atmosphärisch gelungen.

Meistens. Damit komme ich nämlich zum „Haken“ an „The Treachery Of Senses“: ODDLAND sind dort richtig gut und mitreißend, wo sie leise(r) sind. Es gibt aber eben auch Stellen – und damit wären wir dann doch bei den Bedenken, die ich anfangs vor dem Hintergrund des SMS geäußert habe -, wo das verhältnismäßig neue Djent-Genre bedient wird (oder werden soll). Das klappt leider nicht so gut, denn erstens sind ODDLAND hier keine echten Könner, zweitens wirken die teils sehr kontrastierten Ausbrüche irgendwie harm- und zahnlos, und drittens fügen sich die Ausflüge in (vermeintliche) Polyrhythmik nicht homogen ins Gesamtbild. Das ist sehr schade, denn ODDLAND haben ohne jeden Zweifel verdammt viel Potential, das sie in den knapp 51 Minuten noch nicht ganz ausschöpfen können.

So ist „The Treachery Of Senses“ ein Album, das eine Menge Licht in Form wirklich berührender Musik aufweisen kann (als Beispiele seien hier „In The Eyes Of The Mourning“, „Still The Spirit Stays“ und das abschließende „Ire“ genannt, das gegen Ende ein Saxophon auffährt und mich nicht nur dadurch an IHSAHNs „After“ erinnert), aber auch einige Schattenseiten besitzt, die es auf folgenden Veröffentlichungen zu beleuchten gilt.

26.04.2012
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