October Tide - Winged Waltz

Review

Galerie mit 17 Bildern: October Tide - De Mortem et Diabolum 2017

OCTOBER TIDE kann man durchaus als musikalische Fachleute für grimmige Schwermut und tiefe Seelenpein bezeichnen. Seit ihrer Gründung 1995 als Nebenprojekt der beiden KATATONIA Mitglieder Jonas Renkse und Frederik Norrman sowie den ersten beiden Alben „Rain Without End“ (1997) und „Grey Dawn“ (1999) verzückt die Band mit bittersüßen melancholischen Epen von hoher Qualität, als Fan muss man aber auch geduldig sein, denn danach folgte erst einmal eine 11jährige Pause. Nun folgt mit „Winged Waltz“ inzwischen das fünfte Album von OCTOBER TIDE.

„Winged Waltz“ hievt nach dem ebenso hervorragenden Vorgänger „Tunnel Of No Light“ (2013) OCTOBER TIDE auf eine neues Level. Ihr Melodic Death Doom Metal ist nun noch atmosphärischer, noch eindringlicher, noch emotionaler. Die Band um die beiden Norrman-Brüder hat anscheinend vom Weggang Frederiks aus seiner einstiegen musikalischen Heimat KATATONIA profitiert, denn solch wundervolle Gitarrenharmonien mit diesem besonderen Gespür für düstere Themen sind dort nun deutlich weniger vertreten, bei OCTOBER TIDE hingegen noch prägnanter. Die Stärken sind gebündelt, wobei das durchgehend sehr düstere „Winged Waltz“ einen stärkeren Death-Metal-Touch hat. So wurde beispielsweise der flotte Song „A Question Ignite“ ursprünglich für Frederiks derzeit recht inaktive Band UNCANNY geschrieben, nun mit Lead-Gitarre auf dem Chorus gibt das Stück dem Material von OCTOBER TIDE mehr Kontrast und Schärfe, wirkt noch eine Spur forscher als es „Tunnel Of No Light“ ohnehin schon war, selbstredend ohne natürlich die wichtige melodische Komponente zu vernachlässigen. Gerade die melodisch klagenden, tieftraurigen Gitarrenläufe sind weiter im Fokus, dabei immer gerne auch immer wieder mit wunderbar unkonventioneller Melodieführung. Dazu wurden wieder einige akzentuierte Twin-Gitarrenleads aus der Schublade geholt. Alexander Högbom hat sich als Sänger etabliert, seine emotionalen Growls sind intensiv, voluminös sowie abwechslungsreich und unterstützen die triste Endzeitstimmung. Das Ganze erinnert nicht selten an die Atmosphäre von „Brave Murder Day“, oder besser gesagt an eine verspieltere, erwachsenere Weiterentwicklung. Auch bei flotteren Songs wie dem bereits erwähnten „A Question Ignite“ und „Reckless Abandon“, das auch aus der „Shades Of Gods“-Ära von PARADISE LOST stammen könnte, ist der Schlagzeusound nicht zu vordergründig dominant, die Doublebass stellt man erst bei genauerem Zuhören fest, was genau so zum Klangbild von OCTOBER TIDE auch passt. Nimmt man alles zusammen, fühlt man sich insbesondere an das zweite Album „Grey Dawn“ erinnert und damit an die Zeit, als OCTOBER TIDE unter vielen Fans als die KATATONIA Variante ohne Klargesang galten, nur eben weiterentwickelt, forscher, im Hier und Jetzt.

„Winged Waltz“ ist ein in sich geschlossener, anspruchsvoller, pechschwarzer Doom-Death-Monolith, nicht einlullend zugänglich sondern mit Ecken und Kanten, der zentral getragen wird von seinen dramaturgisch kompetent verwobenen Gitarrenharmonien, schleppenden Riffmonstern und den finsteren Growls. OCTOBER TIDE sind einfach eine der hervorragendsten Melancholiker.

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19.04.2016

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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