Ach Menno! Jetzt hatte ich mich schon so gefreut, ein neues Lieblingsalbum zu haben und dann sowas! Dabei hat das neue OCTOBER FILE-Album doch so vielversprechend begonnen: Die Drums peitschen auf zum Widerstand, die Gitarren wurzeln im Hardcore-Untergrund, doch sie strecken ihre Hälse in einen bleigrauen, trostlosen Himmel. Der Sänger hat genug Schleifpapier in seinen Stimmbändern um den Vatikan auf die Grundfesten zu reduzieren. Sarkastisch brüllt die Band: „Our Souls To You“. Das alte Black Metal-Thema Kirchenkritik erfährt eine Hardcore-Renaissance. Frustration schlägt um in Aggression. Monoton feuern die Gitarren, nur unterbrochen von einprägsamen Gefühlsausbrüchen in den Refrains. „Amen, Amen / Everything will fade away!“ ruft der Sänger in „Falter“ und die eigene Gänsehaut lässt keinen Zweifel daran aufkommen.
Aber dann kommt die Enttäuschung: OCTOBER FILE übertreiben es mit der Monotonie. Bei Song fünf „Eau Du War“ regt sich der Gedanke: „Das habe ich grade schon mal gehört“. Der nächste Song „Our Souls To You (Part 1)“ ist eher eine Klangkollage und beginnt sehr vielversprechend mit liturgischen Gesängen verschiedener Völker und einem monotonen Drumbeat. Darauf folgen sieben Minuten konturloser Gitarrenbrei inklusive der ständigen, nervtötenden Wiederholung des selben Sprachsamples. Mit deutschem Akzent ergeht sich eine zwielichtige Stimme in mehrsätzigem Gebrabbel. Quintessenz: Es gibt keinen Gott.
Zum Schluss erholt sich die Platte nach einigen Durchhängern wieder und bei „Love Is (A Warm AK47)“ kommt die Gänsehaut vom Anfang zurück. Trotzdem könnte man die Spielzeit von „Our Souls To You“ verlustfrei von einer Stunde auf 40 Minuten kürzen.
Wundert mich eigentlich, dass Justin Broadrick das nicht gemacht hat. Was der damit zu tun hat? Der Gitarrist von GODFLESH hat einen alternativen Mix zum neuen OCTOBER FILE-Album erstellt. Die Songs sind fast gleich, nur „Our Souls to You (Part 1)“ fehlt zum Glück. Aber der Sound ist anders, viel krachiger, lauter und dreckiger. Der durchschnittliche Toningenieur würde die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Es ist eine super Idee beide Versionen als Doppel-CD zu veröffentlichen und den Hörer entscheiden zu lassen zwischen handwerklich korrekter und künstlerisch wertvoller Produktion.
Angesichts solcher tollen Einfälle schmerzen die Durchhänger auf „Our Souls To You“ ganz besonders. Hätten OCTOBER FILE mittelmäßige Songs radikal in die Tonne getreten, wäre das Album wesentlich kürzer aber auch wesentlich besser. Schade, schade.
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