October File - Holy Armour From The Jaws Of God

Review

Zugegeben, das Cover ist schon ein echter Hingucker. Drei übermuskulöse Soldaten hocken in einer Stellung eines riesigen Schlachtfeldes; einer ballert aus einer Riesenwumme auf die heranstürmenden Feinde, während den ausgeworfenen Patronenhülsen Flügel wachsen und ein Revolverheld mit freiem Oberkörper ihnen dabei zuschaut, wie sie davon fliegen; unterdessen betrachtet ein blauhäutiger Dritter scheinbar in Gedanken abwesend die verletztlich wirkenden Vögel in seiner Hand. Auf den ersten Blick sieht diese martialische Szenerie aus wie Hulk meets Neo-Europäische Ästhetik. Wenn jetzt etwas Electro-Industrial-mäßiges erklingen würde, wäre ich gar nicht überrascht. Aber das tut es nicht.

Die vier Engländer von OCTOBER FILE scheren sich nach wie vor einen Dreck um Trends und Meinungen, und haben ihre eigenwillige Mischung aus Punk-infiziertem Hardcore und Metal mit Nähe zum Industrial auf ein neues Niveau gehoben. Vergleiche mit anderen Bands hören sie nicht so gern, aber schon nach den ersten Songs erhärtet sich der Eindruck, dass die Band sich ein ganzes Stück vom Hardcore entfernt hat. Die Balance hat sich verschoben, und nun erinnern sie an einigen Stellen mehr oder weniger stark an KILLING JOKE, insbesondere an deren gleichnamiges Album von 2003.
Das liegt nicht daran, dass Jaz Coleman bei der Produktion die Regler bedient hat (auch wenn der Sound gewisse Reminiszenzen an seine Band wachruft), sondern vor allem am Songwriting und am Gesang. Hört euch einfach mal „High Octane Climate Changer“ an, und achtet auf das akustische Intermezzo im zweiten Drittel – „…a song that echoes through the oceeeeeeaaaan!“ Na, erkannt? Jaz Coleman persönlich steht hier am Mikro, aber auch in anderen Songs, bei denen er nachweislich keinen Ton von sich gibt, trifft der Sänger erstaunlich gut Coleman’s Stimmlage.
Ein anderes Beispiel ist der Song „Friendly Fire“, dessen Riff sehr nach KILLING JOKE’s „Death and Resurrection Show“ klingt – insgesamt ein geiler, treibender Song, auch wenn fast nur auf diesem einen Riff herumgeritten wird. Diese monotone Struktur wirkt zwar wie ein Brecher, aber ein µ Abwechslung hätte trotzdem nicht geschadet. Als letztes Beispiel sei „A Sun That Never Sets“ genannt, auch er hat dieses Feeling, diesmal vom KJ-Song „Blood On Your Hands“.

Neben diesen Songs, die zu den Highlights des Albums zählen, sind auch „A Munitions Crusade“, „Hallowed By The Army“, „Blood And Sweat“ und das manische „So Poor“ zu empfehlen.
OCTOBER FILE gehen trotz erkennbarer Nähen zu anderen Bands sehr eigenständig vor, und im Prinzip will sich das Album nicht so recht einordnen lassen, dafür sind die Songs in der Gesamtheit zu vielseitig ausgefallen.
Bei der Produktion wurden vor allem Wert auf den Bass und das Schlagzeug gelegt, aber auch die Gitarren kommen nicht zu kurz, so dass „Holy Armour From The Jaws Of God“ insgesamt zu einer ziemlich fetten Nummer wird.
Coleman sieht viel Potential in der Band, und auch die Typen von PRONG und MINISTRY fahren auf die Truppe ab. Wer was für die erwähnten Bands übrig hat und von OCTOBER FILE bisher nichts gehört hat, sollte das jetzt nachholen. „Holy Armour From The Jaws Of God“ ist vielleicht das Beste, was man von dieser Band bisher gehört hat.

25.10.2007

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