Ocrilim - Annwn

Review

Zu den wenigen Dingen, auf die man sich zu hundert Prozent verlassen kann, gehört die regelmäßige Beschwörung einer neuen Avantgarde-Bewegung, der Ausrufung einer abermaligen Umwälzung. Die ambitionierte Plattenfirma Hydra Head tut sich in dieser Hinsicht immer wieder hervor. Schon vielfach hat das Label einen guten Riecher bewiesen und uns erstklassige und anspruchsvolle Musik vorgesetzt. Hydra Head halten sich mit Attributen und löblichen Auszeichnungen für ihr neues Signing nicht zurück: OCRILIM machen die Musik der Zukunft, heißt es. Revolutionär sei sie, ein konzeptuelles Kunstwerk der Moderne. Nur lehnen sie sich diesmal zu weit aus dem Fenster.

Mike Barr fühlt sich als das Omega, als der intellektuelle Gegenpol zum oberflächlichen Alpha der extremen Musik. Mit zahlreichen Projekten, zuletzt mit ORTHRELM und THE FLYING LUTTENBACHERS, verließ er bereits die konventionellen Bahnen zu Gunsten eines experimentellen Ansatzes; er agierte an den äußersten Rändern der Wahrnehmung und entfernte sich teilweise so weit von Musik, dass es beinahe zur olympischen Disziplin wurde. Wie im Akkord komponierte er Musik, die bislang eher als Musik für Gehirnamputierte angesehen werden durfte, nun aber als Avantgarde-Spielzeug für Akademiker in den großen Gazetten Schlagzeilen einheimst.

„Annwn“ ist ein ausuferndes, schrill dröhnendes Soundmosaik – ohne Rhythmus, ohne Strukturen. So etwas ist zwar nicht neu und schon gar nicht innovativ – zahlreiche andere Bands haben bereits sich an der geräuschvollen Verstörung des Hörers versucht, doch wird das quälende Spiel hier rücksichtslos auf die Spitze getrieben. Barr ist eine kreative Hydra, die ihre Songs durch Knospung aus sich selbst hervorbringt. Klangwelle türmt sich auf Klangwelle, Riff auf Riff, Solo auf Solo, die sich irgendwann bis zur Obszönität überlagern und behindern. OCRILIMs „Annwn“ ist der Schraubstock unter dem ein Kopf, unter großen Belastungsschmerzen, zu platzen droht.

Die Klänge, die Barr seiner Gitarre entlockt, sind abstoßend und störend, sie erschaffen eine Aura des Virtuosen, ohne zu wissen, wofür sie das eigentlich tun; seine Gitarre weiß nicht, wie ihr geschieht, als wisse er selbst nicht, was er nun spielen soll. Sein Instrument kann er wahrhaft bedienen. Aber es wirkt, als könne er keine Musik damit machen. Was herauskommt, spottet Klangforschern wie SUNN O))) und KHANATE, hat weder Seele, noch ist es originell. Selbst im für diese Verhältnisse schon konservativen Drone-Genre wird dieser scheinbare Erneuerer misstrauisch beäugt. Und das will schon etwas heißen.

11.03.2008

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