Oceansize - Frames (Deluxe Edition)

Review

Rund ein halbes Jahr ist es her, dass „Frames“ veröffentlicht wurde und schon gibt es eine Art Re-Release, klug verpackt in eine schicke Special Deluxe Edition Box mit zusätzlicher DVD und einem eher unwichtigen Sticker.

Zunächst stellt sich natürlich die Frage nach dem Sinn dieser Aktion, da das Album ohnehin noch als neu und frisch zu bezeichnen ist. Ich bin da gemischter Gefühle, da es zum einen ein wenig nach Ausverkauf riecht, denn die Special Edition hätte ja auch zeitgleich mit dem ursprünglichen Release veröffentlicht werden können (zumal es da schon eine Digipak- und Jewel-Case-Version gab), andersherum hat „Frames“ unverständlicherweise leider nur sehr wenig Aufmerksamkeit erhaschen können, was ich sehr schade finde. Warum die Aufmerksamkeit nicht zustande kam, entzieht sich meiner Kenntnis. Ob es nun die schlechte Promotion war, oder ob die Hörerschicht für diese Musik nicht groß genug ist, kann ich nicht beurteilen, Fakt ist jedoch, dass es ein Frevel wäre, wenn „Frames“ im Wust der monatlichen Müllveröffentlichungen untergehen würde und keine entsprechende Würdigung stattfände.

„Frames“ ist eines dieser Alben, die nicht nur mehrere (viele!!!) Anläufe benötigen, bevor man richtig und in vollem Umfang versteht, sondern die auch ein einwandfreies Hörumfeld erfordern. Ablenkung kann hier Gift bedeuten und Unaufmerksamkeit zum Scheitern des Verständnisses führen. Richtig Zuhören ist in diesem Falle Pflicht.

Des Weiteren darf man von „Frames“ nicht erwarten, dass es kommerzielle Anforderungen erfüllt. Es gibt keine Hits, keine tollen Refrains und auch keine Trällermelodien. „Frames“ ist ein Kunstwerk schlechthin. Hier werden Spannungen und Dynamiken erzeugt, mit Sounds gespielt und Härte als Mittel zum Zweck genutzt. Vielschichtig von sanftmütig bis aggressiv voranpreschend zeigt die Band auf, was in ihnen steckt und wem sich „Frames“ erschlossen hat, wird mir sicher zustimmen, wenn ich behaupte, dass OCEANSIZE dafür nicht nur eine tiefe Verneigung verdient haben.

OCEANSIZE haben sich nicht einmal im Ansatz die Mühe gemacht, den Easy-Listening-Hörer zu bedienen, und sie zeigen dies in nahezu jedem einzelnen Part des Albums. Es gibt so gut wie keinen einzigen fließend gespielten 4/4-Takt sondern nur alles was dazwischen anzusiedeln ist; als ob es sich OCEANSIZE gemäß dem Titel „Frames“ zur Aufgabe gemacht haben, das Album in viele kleine Einzelteile zu verpacken. 4/4 ist hier fast schon als Fremdwort zu verwenden. Umso überraschender ist es, wie packend trotzdem die Musik ist und wie großartig das Zusammenspiel der Instrumente funktioniert. Häufig ist es bei ungeraden Takten so, dass die Parts sperrig oder schräg wirken, nicht so bei OCEANSIZE, hier wird alles in ein wohlklingendes Ganzes verpackt.

Ich habe „Frames“ nun mittlerweile geschätzte 30x gehört und kann nur sagen, dass OCEANSIZE hier ein großes Meisterwerk abgeliefert haben. Selbst jetzt entdecke ich noch Feinheiten in den Songs und auch mein Lieblings-Song „Trail Of Fire“, den ich locker doppelt so oft wie das gesamte Album gehört habe, gibt immer noch Kleinigkeiten Preis, die ich zuvor nicht wahrgenommen habe; und es liegt nicht an der mangelnden Aufmerksamkeit, sondern an der Fülle im Sound von OCEANSIZE. Diese Band begnügt sich nicht mit linear klingender, simpel konstruierter Musik, sondern mit bis ins kleinste Detail ausgefüllten Parts, die keinen Raum zum Nachdenken lassen, aber dennoch nicht unnötig überladen wirken. Jedes Lied ist eine Reise durch Gefühle und intensive Stimmungen und insgesamt begeistert „Frames“ einfach zu jeder Sekunde, wenn man bereit ist, sich die Anforderungen dieses Albums zu erschließen.

Das zusätzliche Bonbon dieser Deluxe Edition ist die DVD, auf der das gesamte Album in einer Art Lagerhalle live gespielt wird. Eine wunderbare Alternative zur regulären Studioaufnahme.

Ps.
Für Interessierte sei mein erstes Review zur regulären Veröffentlichung des Albums zu empfehlen. Ein bestes Beispiel dafür, dass selbst geschulte Ohren nicht immer perfekt sind und sich auch gerne mal eines Besseren belehren lassen. Wobei „Frames“ tatsächlich eine große Ausnahme unter den derzeitigen Releases darstellt, da es musikalisch einfach ein einwandfreier Hörgenuss ist und es halt einfach etwas mehr Zeit benötigt als andere Alben.

08.06.2008

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