Oceansize - Everyone Into Position

Review

„Mit viel Gefühl zum Ziel“ lautet das Motto von OCEANSIZE auf ihrem 2005er Album „Everyone Into Position“. Diese Band aus Manchester hat ein wahrlich feinfühliges Händchen für sanfte aber hochgradig wirkungsvolle Melodien und ein außerordentliches, harmonisches Zusammenspiel, das dem geneigten Hörer mit ziemlicher Sicherheit einen wohligen Schauer nach dem anderen über den Rücken laufen lässt.

OCEANSIZE bewegen sich irgendwo am Rande des Progressive Rock und verbinden diesen mit einem Schuss dezenter Härte. Der weitläufige Begriff Alternative kommt ebenfalls deutlich zum Tragen und zeigt, wie facettenreich dieses Album ist. Auch wenn manche der ruhigen Passagen auf „Everyone Into Position“ zunächst an TOOL denken lassen, wäre es unfair zu behaupten, OCEANSIZE würden TOOL kopieren, denn dazu klingt ihre Musik dann doch zu Eigenwillig. Sicher, etwas vollkommen Neues kreieren die Briten hier nicht, erschaffen jedoch durch die sehr homogene Mischung verschiedener Zutaten und den dadurch entstehenden Wiedererkennungswert ein eigenes Gesicht.

Alternative-Rock-Elemente treffen auf hypnotische Gesangslinien, werden durchzogen von leicht vertracktem Riffing, welches aber nie nach Metal klingt, sondern stets das typische Rock-Flair behält. Hinzu kommt eine gesunde Experimentierfreudig und so werden die Gitarren nicht selten mit Wah-Wah und diversen anderen Effekten veredelt, wie zum Beispiel beim Opener „The Charm Offensive“. Keyboards kommen ebenso zum Einsatz, werden aber stets dezent, äußerst stimmig und eher unterstützend eingesetzt; nachzuvollziehen auf „Heaven Alive“, welches übrigens von einem lupenreinen 90er Jahre Alternative-Rock-Refrain getragen wird.

„A Hommage To A Shame“ lässt dann die bereits oben erwähnten TOOL-Ähnlichkeiten durchblitzen, wobei der direkte Vergleich etwas hinkt, da OCEANSIZE ihre eigene Würze verwenden und Sänger Mike Vennart spätestens beim Refrain-Gesang weitab eines Maynard James Keenan agiert. Melancholisch und gleichzeitig hypnotisch geht es mit „Meredith“ weiter, einer eher ruhigen aber atmosphärisch sehr dichten Nummer. Die mit dem vorherigen Lied begonnene getragene Stimmung zieht sich von nun an immer intensiver durch den kompletten Rest des Albums und macht gerade deshalb die wundervolle Wirkung von „Everyone Into Position“ aus.

Das folgende „Music For A Nurse“ besticht durch abwechslungsreiches, jedoch verhaltenes, bzw. sanft gespieltes Drumming und Gitarren mit viel Hall, womit OCEANSIZE im Übrigen sehr häufig arbeiten. Etwas flotter geht es mit „New Pin“ weiter, jedoch bleibt die eben erwähnte Grundstimmung lückenlos erhalten. Am Ende des Tracks wurde ein Lead-Out mit elektronischen Beats benutzt. Coole Idee.

Unverzerrt beginnt dann „No Tomorrow“ erneut als waschechter Rocker mit unendlich viel Gefühl, um zum Refrain hin in ein Stimmungshoch umzubrechen, so dass man eigentlich nur noch gewillt ist, die Anlage lauter zu drehen. Das folgende atmosphärische „Mine Host“ ist mit seinem leisen, fast gesprochenen Gesang, Keyboardteppichen und effektverspielten Gitarren eher als Zwischenspiel zu betrachten, führt den roten Faden des Albums jedoch passend fort.

„You Can’t Keep A Bad Man Down“ versinkt danach wieder vollkommen in einer art Down-Stimmung und der melodische Gesang erledigt den Rest, um diesen Track zu einem weiteren Höhepunkt werden zu lassen. OCEANSIZE werden besonders dann richtig groß, wenn sie ihre Refrains oder Überleitungen mehrstimmig einsetzen.

Den Abschluss bildet „Ornament / The Last Wrongs“. Nicht ganz zehn Minuten lang wird der Hörer auf eine letzte Reise durch einen wundervoll hymnenhaften Song geschickt. Melancholisch, ja schon depressiv beginnt dieser Übersong zu wachsen. Unverzerrte Gitarren mit Delay-Effekt spielen eine traurige Melodie zu dezenten Hintergrundgeräuschen, das Schlagzeug fängt vorsichtig an zu spielen, wird zunehmend verspielter und letztendlich kommt es zum Ausbruch. Die Gitarren schlagen dem Hörer verzerrt und laut ins Gesicht, ohne jedoch unnötig aggressiv zu klingen. Ein Wechselspiel aus laut und leise besiegelt dann den ersten Teil des letzten Aktes. Nachdem diese Hürde überwunden ist, baut das Lied eine neue, erleichterte Struktur auf und verzaubert den Hörer mit lauten, jedoch superschönen Melodien und traumhaftem Gesang, der die Bezeichnung Hymne mehr als verdient hat. Der Hörer kann am Ende dieses Album oder besser gesagt dieses Erlebnis befriedigt und ausgelassen abschließen, so dass man „Everyone Into Position“ in Gesamtbetrachtung als absolut rund bezeichnen kann und muss.

Wer für derartige Musik aufgeschlossen ist, sich auf sie einlassen kann und nicht davor scheut, ein Album mehrmals zu Hören um es zu begreifen, der wird „Everyone Into Position“ mit ziemlicher Sicherheit innig lieben lernen. Ein Album allerfeinster Couleur.

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27.12.2007

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2 Kommentare zu Oceansize - Everyone Into Position

  1. Anonymous sagt:

    Sehr schönes Review! "Effloresce" bleibt aber unerreicht. "EIP" klingt mir hier und da ein bisschen zu glatt gebügelt, bleibt aber ein Traum von einem Album!

    5/10
  2. opko sagt:

    Sollten eigentlich 9 Punkte sein 🙂

    9/10