Es ist ja für eine Band immer wichtig, sich konstant weiter zu entwickeln. Besonders wichtig ist das für eine Band, die sich ihre Sporen durch einen progressiven Sound verdient hat. Nun wagen die Texaner OCEANS OF SLUMBER den berüchtigten, in der Geschichte des komplexeren Rock oft schon vergeigten Sprung (siehe u. a. YES) über die Klinge weg vom Prog und hin zum … nun ja: „normalen“ Metal. Dieser Wandel wird tatsächlich oft sträflich unterschätzt, weshalb „Starlight And Ash“ möglicherweise eine „Make it or break it“-Angelegenheit für die Band um Cammie Gilbert wird. Zumindest hat sich die Band aber im Line Up im Gegensatz zum selbstbetitelten Vorgänger nicht verändert, sodass zumindest diese Konstante gegeben ist.
OCEANS OF SLUMBER wagen sich in neues Territorium vor
Aber was heißt dieser Wandel nun konkret für den Sound der Band? Im Wesentlichen liefern die Dame und die Herren aus dem Lone Star State nun mehr leicht Blues-infundierten Metal mit düsterer, melancholischer Schlagseite. Gilberts soulige Stimme scheint dafür allerdings auch prädestiniert zu sein, sodass OCEANS OF SLUMBER hier definitiv mit der richtigen DNA herangehen. Und entsprechend wundert es auch nicht, dass das ziemlich gut funktioniert. Relativ früh im Rahmen der Spielzeit von „Starlight And Ash“ kann man sich davon einen guten Ersteindruck verschaffen, entweder beim getragenen Opener „The Waters Rising“, dem stimmungsvollen „Hearts Of Stone“ oder „The Lighthouse“, das musikalisch so klingt als würden OAK Blues-Elemente á la Johnny Cash verwursten.
Ein weiteres Element, um das der neue Sound der US-Amerikaner erleichtert worden ist, sind die Growls. Selten tauchen mal männliche Backing Vocals auf wie in „Salvation“, um dessen Abgang etwas Dramatisches einzuhauchen. Aber wirklich extrem wird die Musik hier nicht mehr. Es gibt mal ruppige Gitarren wie in „Hearts Of Stone“, aber ansonsten ist „Starlight And Ash“ eine sehr gemäßigte Angelegenheit geworden. An dieser Stelle erweist sich die neue Platte und damit der neue Sound noch am ehesten als ausbaufähig, da Cammi Gilbert trotz ihrer besten Bemühungen nicht immer alles an Dramatik alleine aus den Songs herausholen kann. Das beste, wenn auch nur zwei Takte lange Indiz dafür, was zum Beispiel ein großer, mehrstimmig gesungener Refrain ausmachen kann, findet sich etwa gegen Ende von „Red Forest Roads“.
Operation größtenteils geglückt
OCEANS OF SLUMBER beschwören diese großen, magischen Momente immer wieder erfolgreich herauf, einzelne Songs sind dann aber auch eher von gedämpfter Natur. So ganz haben die US-Amerikaner die Kunst der subtilen Herbstlichkeit jedenfalls noch nicht gemeistert, weil speziell ein „Salvation“ noch etwas zu sehr nach Lagerfeuer klingt, abzüglich der wiederum dank gänsehauterregender Backing Vocals gelungenen Hook. Wo sie die Gedämpftheit dann aber doch nicht nur auf den Punkt, sondern sich dabei dahingehend sogar übertreffen, ist im THE ANIMALS-Cover „House Of The Rising Sun“, bei dem die musikalische Begleitung aus feinsinnig arrangiertem Klavier und Streichern besteht, was wahnsinnig geschmeidig unter die Haut geht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Auszug aus dem komplexen Metal deutlich schlechter hätte ausfallen können. „Starlight And Ash“ ist ein gutes Album, das jedoch besonders in seinen ruhigen Momenten noch Luft nach oben zeigt, bei dem aber auch noch in puncto Dramatik noch einiges herauszuholen ist, auch wenn die Band mit „Red Forest Roads“ und auch dem epochalen Rausschmeißer „The Shipbuilder’s Son“ auf dem richtigen Weg ist. So wie es jetzt ist, ist es jedoch immer noch ein ausreichend packendes Werk der US-Amerikaner geworden, bei dem hier und da sicher auch mal ungewöhnliche Assoziationen entstehen (ich fühle mich beim klimaktischen Ende von „The Waters Rising“ lustigerweise an NO DOUBT erinnert). Kann was, kann aber sicher auch noch mehr …
Vorweg: Vielleicht geht mir im Alter das Gespür für Metal verlustig, aber ich finde den „etwas“ geringeren Anteil nicht mal explizit erwähnenswert. Ein Review muss da natürlich drauf hinweisen, also keine Kritik daran. 😉
Wenn man auch mit Blues und Country etwas anfangen kann (bei mir durchaus der Fall), hat man da eventuell mehr Spaß dran, als wenn bei einem bratende Gitarren und Growls im Fokus stehen. Bei Oceans Of Slumber ist das bei mir nicht so, da geht es zu 90% um den weiblichen Gesang (ohne zu sagen, die Musik, das Songwriting wären nicht toll), denn mal ehrlich: Sollte die Sängerin, aus welchen Gründen auch immer, der Band mal abhanden kommen, kann diese sich getrost auflösen.. lol
Youtube sagt: 9 Punkte.
Oh Boi! Ein neues Ocean of Slumber Album. Das kann eigentlich nur gut werden.
Ich kann da Nili eigentlich nur zustimmen. Die Stimme von Cammie Gilbert ist Fluch und Segen zugleich. Sie singt so fantastisch, dass die Band schon richtig scheiße sein muss, damit es schlecht wird. Andererseits überstrahlt sie natürlich auch vieles und wird kaum zu ersetzen sein.
Der direkte Vorgänger war für mich damals eine glatte zehn, hatte die Band ihren Sound hinsichtlich Dramatik und abenteuerlicher Grimmigkeit doch einfach mal perfektioniert. Die neuen Songs sind gut, keine Frage, aber an Großtaten wie das perfekte Duett in ‚the colors of grace‘, oder aber Überflieger wie ‚Pray for fire‘ und deren unglaublich wuchtige Walls of Sound reicht das hier Gereichte in all seiner schönen Berechenbarkeit einfach nicht heran. Wirklich schade.
Ich finde es toll das Oceans of Slumber bei diesem Album auf die harschen Vocals verzichten. Den Grunz empfand ich auf den Vorgängern schon eher als störend im direkten Kontrast zur Stimme der Dame. Bislang ein tolles Album welches zumindest bei mir offene Türen einrennt.
Hinzu kommt, dass ich persönlich die Growls auch nicht besonders toll finde, unabhängig davon, ob man die hier braucht oder nicht. Die haben die Band zwar overall IMO auch nicht gravierend runter gezogen, aber ich empfand die schon immer als eher verzichtbar.
Sehr nice. Geht mir ziemlich gut rein.
Ich finde in meiner kleinen Musikwelt auch durchaus brauchbare Anlässe für den Konsum dieser Art von Musik.
Trotz kleineren Schwächen hier und da, vermittelt die Mucke bzw. das Album ein gewisses Suchtpotential. Vermutlich ist es auch einfach nur dieser „Soul“, .. der Kontrast, der „Gradient“, das Abweichen vom Genretypsichen/X-fach-Gehörten, ohne dabei stümperhaft, verzettelt oder überambitioniert zu wirken.
Was ich von der Band bisher so auf YT so gehört hatte, wirkte auf mich zwar gut, aber irgendwie auch mehr nach Verpackung als nach Inhalt.
Aber wahrscheinlich muss ich hier noch ein paar Hausaufgaben machen. Mein Interesse ist jedenfalls geweckt. 🙂
Let’s go, Cammie! *zwinka*
Ich begrüße die Entwicklung hin zum „normalen“ Metal und wenn der Drummer der Band es irgendwann schafft über ein ganzes Album auf unpassenden Einsatz zu verzichten zücke ich gerne acht Growls, äh Punkte. 😊
nach der Eigenproduktion wieder CM? Dann wird die Vinyl wieder sehr schlechte Qualität sein :/
ja leider! Century Media waren mal echt cool, bis sie verkauft wurden. Seit dem darf man dort keine Platten mehr kaufen. Die letzte Napalm Death und die letzte Voivod waren kompletter Schrott, dreckiges Vinyl, bei der nächsten war das Loch zu klein. Vinyl so sehr eingeschweisst, das die Hülle jedesmal geknickt war…musste die jeweils 2 mal umtauschen. Century sind ja nicht mal bei Bandcamp 0_o