OBSEQUIAE verbinden angeschwärzten Metal mit Renaissancemelodien und -harmonien. Damit sind sie nicht nur weit von allem Methörnergedudel entfernt, sondern überhaupt ziemlich einzigartig. Hier wird nicht mit Blockflöten auf Mittelalter gemacht, sondern die Band scheint sich wirklich mit Renaissancemusik auseinandergesetzt und daraus etwas Eigenes geschaffen zu haben. Der Black Metal, der hier drinsteckt, ist eher einer der griechischen Schule, z.B. der alten ROTTING CHRIST und VARATHRON, als derjenige der Norsecore-Bands. Außerdem werden großartige Harfenpassagen eingestreut, die gut zum melodischen Metal passen und mit dem durchgängigen Keifgesang kontrastieren. Die Hauptsache an „Aria of Vernal Tombs“ ist aber immer noch der Metal, der schön dicht wogt, manchmal flott nach vorne prescht und mit einem vollen, räumlichen Klang versehen ist.
Inhaltlich berichtet man ebenfalls Altertümliches von der Verehrung von Quellen bis hin zu orphischen Riten. OBSEQUIAE malen eine idealisierte Landschaft, ähnlich wie WOLVES IN THE THRONE ROOM und ALDA mit ihren kaskadischen Wäldern, aber OBSEQUIAE lassen eher an Wälder denken, wie sie in mittelalterlichen Buchmalereien und auf Tapisserien dargestellt wurden – ganz so wie auf dem Cover des Vorgängeralbums „Suspended In The Brume Of Eos“. Da geht es nicht um Realismus mit Fluchtpunkt und Lichteffekten, sondern um den Eindruck selbst, den die Welt macht: Die Fülle der Tiere und Pflanzen scheint Ornamente zu bilden, die an eine verborgene Ordnung in ihnen denken lassen. Dementsprechend ist OBSEQUIAE auch nicht sonderlich düster, sondern eher elegant und anmutig.
Ein sehr empfehlenswertes Album also mit nur kleineren Mängeln: Bei aller Eigenständigkeit sind die Metalsongs doch etwas gleichförmig und könnten stärker mit den Harfen verbunden werden, statt sie nebeneinander zu stellen. Mehr Abwechslung könnte auch der Gesang vertragen. Angesichts der Steigerung vom Debüt zum vorliegenden Album hoffe ich, dass sich die Band künftig noch weiter von populärer Musik entfernt und den konventionellen Metal noch weiter zurücknimmt.
Gutes und treffendes Review zu einer wirklich starken Platte außergewöhnlicher Musik. Besonders in zwei Aspekten muss ich dem Autor beipflichten: eien verstärkte Verwebung der schwartzmetallischen Stücke und der akustischen Renaissance-Originale würde dem Gesamtalbum nicht den Anschein einer Abfolge von einzelnen schwarz/weiß-Songs geben, sondern es zu einem Gesamtkunstwerk werden lassen, dass durch den recht einheitlichen Songaufbau sowieso begünstigt wird. Andererseits ist der Gesang zu monoton. Monoton und durch den Halleffekt auf Dauer ein bisschen langweilend. Die Produktion allgemein ist gut und relativ transparent. Viele tolle Ideen für dieses Bandkonzept stehen also leichten Schwächen in der Ausführung gegenüber.