Obituary - Cause Of Death
Review
„Cause Of Death“ von OBITUARY erscheint 1990. Es ist fraglos ein gnadenloser Klassiker. Denn knapp drei Jahrzehnte später provoziert das Werk grundsätzliche Reflexionen zu Wesen und Wert der Kultur. Genauer: Konsequent brillant gehalten hält „Cause Of Death“ dem Großteil der Szene tödlich den Spiegel vor.
OBITUARY. Fuckin‘ OBITUARY.
So mag es durchaus legal sein, Death Metal mit komplexen Arrangements und verschachteltem Ausweis der eigenen technischen Beschlagenheit zu produzieren. Gleiches gilt für Gesang, also für Vocals mit einem Prozentsatz von über 40 % ohne Textblatt verstehbarer Wörter. Unser Rechtsstaat mag es formal des Weiteren decken, das Kernthema Tod (am Rand auch Teufel) ignorant in Richtung Leben zu verschieben. Oder in Richtung Sozialkritik. Und sogar der unter dem Paradoxon „Melodic Death Metal“ firmierende komplette Substanzverlust (Arch-Enemysierung) des Stils ist formaljuristisch nicht zu beanstanden.
Doch dass all dies auch moralisch tragbar ist, muss spätestens nach dem Wiederhören mit OBITUARYs großem Zweitwerk „Cause Of Death“ bedingungslos in Abrede gestellt werden. Denn indem wir all das oben Genannte desinteressiert durchwinken oder gar aktiv durch Support oder eigene Produktion unterstützen, machen wir uns schuldig. Sand in die Augen gilt nicht: Aus einer abgeschliffenen Platte „zum Sommeranfang“ hier und einer Progrock-mit-Growls-Schandtat „zur Horizonterweiterung“ da wird schnell eine Plattensammlung, die Menschen mit Charts-Samplern in der Vita keinen Meter mehr in die Flucht schlägt. Potenziert sich das dann, sind die Konsequenzen mutmaßlich verheerend.
„Cause Of Death“. Fuckin‘ „Cause Of Death“
OBITUARY mit kleinen Wacklern und „Cause Of Death“ ohne jede Diskussion stellen vielleicht die moralischen Instanzen des massiven Verderbens, der makellosen Fäulnis dar, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Denn dieses Album ist perfekt: Es hat das perfekte „Der-Horror-ist-überall-und-es-gibt-kein-Entrinnen“-Intro zum perfekten Opener, der den Death Metal auf den Punkt bringt („Infected“), den perfekten Sound (Morrisound/Scott Burns) mitsamt dem schwersten Groove, die perfekten Songs (Backcover), die perfekten Songtitel („Chopped In Half“, „Turned Inside Out“), das perfekte Cover (Michael Whelan) und die perfekte Coverversion („Circle Of The Tyrants“). Vom perfekten „Gesang“ und den unvergleichlich perfekten Jammerhaken-Solo-Gemeinheiten ganz zu schweigen. OBITUARY waren vorher mit „Slowly We Rot“ bereits grandios und haben auch hinterher kaum geschwächelt – aber „Cause Of Death“ ist das „Ride The Lightning“ des klassischen Florida-Death: Noch packender als die bahnbrechende Debüt-Scheibe und langfristig noch aufregender als der folgende Milliarden-Erfolg. Weiter ins Detail zu gehen erübrigt sich aus Gründen.
„Röchelaarghwürgblörrgh!“ Peace.
Also: Wir sollten uns alle fragen, in welchem Zustand wir den Death Metal an unsere Kinder übergeben wollen. Die Verantwortung für folgende Generationen ist schlichtweg nicht zu verleugnen. Und niemand kann doch ernsthaft davon ausgehen, dass das Ganze eine blutige Zukunft hat, wenn relevante Teile des vermeintlichen Fachpublikums irgendwann nachgerade schuldlos davon ausgehen (müssen), dass Death Metal nichts für unter der Ladentheke ist. In diesem Sinne: „You’re chopped in half! Feel the blood spill from your mouth!“ Bzw.: „Röchelaarghwürgblörrgh!“
Obituary - Cause Of Death
Band | |
---|---|
Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Old School Death Metal |
Anzahl Songs | 9 |
Spieldauer | 41:21 |
Release | 19.09.1990 |
Label | Roadrunner Records |
Trackliste | 1. Infected 2. Body Bag 3. Chopped In Half 4. Circle Of The Tyrants 5. Dying 6. Find The Arise 7. Cause Of Death 8. Memories Remain 9. Turned Inside Out |