Keine leichte Kost bieten die Herrschaften von OBERER TOTPUNKT auf ihrem neuesten Werk „Stiller Zoo“ ihren Hörern an. Auch das dritte Album der Hamburger Formation um Erzählerin Bettina Bormann bietet wieder tiefgründige und kunstvolle Unterhaltung, die sich ihre ganz spezielle Nische sucht und von den entsprechenden Leuten (hoffentlich) auch gefunden wird.
„Stiller Zoo“ ist anders – in jeglicher Hinsicht. Man fühlt sich an GOETHES ERBEN erinnert, vielleicht auch an DAS ICH und vor allem an musikalisch-literarische Abende, die man als intellektuell Interessierter im Kreise Gleichgesinnter erlebt hat. Im Vordergrund eine Dame, die so leidenschaftlich wie unterkühlt Geschichten erzählt, im Hintergrund eine Band, die eben diese Gedanken und Stimmungen musikalisch transportiert. Dies geschieht im Fall von OBERER TOTPUNKT überraschenderweise in überwiegend elektronischer Manier, doch auch klassisch-akustische Instrumente kommen immer wieder zum Einsatz. Die Instrumentierung ist dabei durchaus abwechslungsreich gestaltet, wird jedoch von dem monotonen Sprechgesang von Bettina Bormann überlagert und lenkt den Fokus somit in beeindruckender Art und Weise auf den Inhalt der Songs. Diesen Inhalt zu erforschen, steht im Mittelpunkt dieses Albums, ohne dabei natürlich die musikalische Begleitung zu vernachlässigen. Märchen, Mythen, Sagen, Sehnsüchte, Wünsche, Phantasien, Ängste – es gibt viel zu entdecken im „Stillen Zoo“.
All das ist nicht immer leicht verdaulich und zum Nebenbeihören alles andere als geeignet. Trotz der modern-elektronischen Untermalung ist „Stiller Zoo“ ein Album, das viel Zeit und Aufmerksamkeit verlangt, um wirklich in seiner Gesamtheit wahrgenommen zu werden. Hat man sich durch die zahlreichen Hürden und Sperrigkeiten gekämpft, kommt man in den Genuss eines abwechslungsreichen und intensiven Albums, das in der heutigen Musiklandschaft etwas wirklich Besonderes darstellt.
Manch einer wird mit „Stiller Zoo“ allerdings nicht viel anfangen können, denn es handelt sich hier um eine andere Art von Musik, die Literatur und Musik verschmelzen lässt. „Stiller Zoo“ ist schwierig und es gibt Momente, in denen man definitiv keinen Nerv für diese Art von Musik hat. „Stiller Zoo“ kann unheimlich anstrengend sein und die Gefahr, bereits nach den ersten beiden Tracks die Segel zu streichen, ist hoch. Es muss einem klar sein, dass man sich bei OBERER TOTPUNKT auf eine etwas unkonventionellere Art von Musik einlässt – dann könnte einem „Stiller Zoo“ auch gefallen.
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