Oakenshield - Legacy

Review

Die Britischen Inseln besitzen eine bewegte Geschichte, waren sie doch bereits in der Antike von verschiedenen Volksstämmen umkämpft und haben darüber hinaus im Laufe der Jahrhunderte so manche Invasoren aus Übersee gesehen, die in Kultur und Gesellschaft nachhaltige Spuren hinterließen. Um diesen vielfältigen Einflüssen seiner Heimat Yorkshire Rechnung zu tragen, hat Ben Corkhill, der Mann hinter (dem) OAKENSHIELD, für „Legacy“, das zweite Langeisen seines Projekts, verschiedene traditionelle Stücke aus England, Irland, Schottland und Skandinavien neu arrangiert beziehungsweise in eine Pagan-Metal-Rüstung gesteckt.

Vielleicht ist dieses Zugrundelegen traditionellen Liedguts auch der Grund, warum man hier ein Gefühl von Authentizität verspürt und der mehr oder minder dick aufgetragene Kitsch vieler ähnlich gelagerter Bands zwar nicht Meilen, aber zumindest einen kräftigen Speerwurf weit entfernt ist. Bei stets gemäßigtem Tempo geben sich rauer Keifgesang, klare Phrasierungen und erhabene Chöre ein Stelldichein; insbesondere Letztgenannte rufen in ihrer heldenverehrenden Feierlichkeit wie auch schon beim Debüt Erinnerungen an FALKENBACH wach. Tin Whistle und Geige ergänzen die klassische Metal-Instrumentierung und auch wenn das Geflöte etwa in „Jorvik“ bedingungslos den Ohren schmeichelt oder das Gefiedel dem abschließenden Neunminüter „The Raven Banner“ eine angenehm melancholische Note verpasst, so werden die Instrumente doch etwas zu penetrant eingesetzt, um besondere Akzente setzen zu können.

Natürlich kann man argumentieren, dass das Hauptaugenmerk bei „Legacy“ eben auf der folkigen Seite liegt – und unter dieser Prämisse funktioniert das Album auch gut, lässt sich prima nebenher konsumieren und ruft dabei die bekannten Bilder von prächtigen Reitern mit wehenden Fahnen und imposant durch die See gleitenden Langboot-Flottillen hervor. Was aber geschieht, wenn die Reiter auf den Feind treffen oder die Schiffe zum Brandschatzen angelandet werden, das spart OAKENSHIELD größtenteils aus oder deutet es etwa in „Clontarf“ mit dezent kriegerischem Tenor höchstens einmal an. Hätte Ben Corkhill auch solche Stimmungen noch deutlicher herausgearbeitet und so die Geschichten vollständig erzählt, die eben auch Gehaue, Gesteche und Gräueltaten beinhalten, hätte er den epischen Charakter seines Werkes verstärkt und wäre den Strömen aus Blut, die Britanniens Boden aufgesogen hat, gerechter geworden.

 

26.01.2012
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