O Graceful Musing’s Burden - pirouettes

Review

Der Name sperrig und zugleich salbungsvoll. Die Ästhetik kryptisch, doch ansprechend. Die Musik? O GRACEFUL MUSING’S BURDEN existieren seit 2009 und veröffentlichen mit “pirouettes” ihr inzwischen viertes Album. Erneut hat sich das zwischen Chemnitz und Leipzig ansässige Trio in eine Ekstase aus Ambient, Post Rock, Noise, Shoegaze, Progressive Rock und gelegentlichen Metal-Einschüben gespielt, die keineswegs leicht zugänglich ist. Von Schwerverdaulichkeit zu sprechen, wäre übertrieben, denn nach dem Genuss von “pirouettes” fühlt man sich zwar gefordert, aber nicht ermattet. Vielmehr praktizieren O GRACEFUL MUSING’S BURDEN so etwas wie musikalisches Slowfood: Kann sich Zeit genommen und auf die Musik eingelassen werden, werden Körper und Geist reichhaltig genährt; der im Belohnungszentrum erzielte Mehrwert ist groß.

“pirouettes” – Eigenständig und fordernd

In drei langen Kompositionen, die von zwei Ambient-Stücken durchbrochen werden, erschaffen O GRACEFUL MUSING’S BURDEN ein musikalisches Gemälde, das so reich an Kontrasten wie emotionalem Ausdruck ist. Das sächsische Trio gefällt sich in fließenden Übergängen aus fragiler Melancholie oder aufbegehrender Eruption; ebenso wie sich auf diesem Album Gefühl und Verstand miteinander paaren. Viele Parts wirken intuitiv und verträumt, geradezu aus dem Bauch heraus zusammengejammt. Genauso oft aber wird es kopflastiger, nicht einmal vor progressiven Polyrhythmen machen O GRACEFUL MUSING’S BURDEN halt.

Dass dabei auch auf dem vierten Album kein konventioneller Gesang vorhanden ist – obwohl das inzwischen sicher lohnenswertes Experiment für den Ausnahmefall sein könnte – stört nicht im mindesten. Die Musik ist enorm abwechslungsreich und zudem in einem fortgeschrittenen Stadium des “Panta rhei”-Grundsatzes gehalten: Es passiert eigentlich immer etwas Spannendes. Songwechsel bemerkt man fast nur dann, wenn die Vinyl-Seite gewechselt werden muss. Dies verleiht “pirouettes” jedoch viel narrativ-cineastischen Charme; es wirkt abermals wie der Soundtrack zu einem höchst persönlichen, imaginären Film.

O GRACEFUL MUSING’S BURDEN haben den Soundtrack zu eurem Film im Kopf!

Erwähnt werden sollte noch, dass die Darbietung auch handwerklich als sehr gelungen zu betrachten ist. “pirouettes” ist gut produziert und stark eingespielt. Bass und Gitarre agieren häufig gleichwertig, ergänzen sich wunderbar und erschaffen gemeinsam spannende Texturen, die die gängigen Klischees instrumentaler Rockmusik meist vermeiden. Die stets präzisen und sehr dynamischen Drums halten das offenbar live eingespielte Gesamtgefüge beisammen. Überdies ist “pirouettes” in der Vinylversion eine wirklich schön gestaltete Schallplatte, die man bei der Band selbst über Bandcamp beziehen kann.

Unterm Strich ist O GRACEFUL MUSING’S BURDEN ein Album gelungen, das hin und wieder zwar gern mal etwas länger bei einem begonnenen Thema bleiben könnte – die mitunter gezielt eingesetzte Monotonie des Debütalbums “[st:am:pd:t:rail]” hätte auch “pirouettes” schöne Akzente verpasst. Das hohe Maß an Eigenständigkeit und angenehmer musikalischer Verschrobenheit lassen es insgesamt zu einem Tipp für alle Fans der instrumentalen und experimentellen Musik werden.

04.03.2022

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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