Norse - All Is Mist And Fog

Review

Hui, da kommt eine feine Schlachtplatte aus Aussie-Land auf uns zu: Nach der EP „The Unrelenting“ (2006) und dem Debütalbum „Hellstorm“ (2010) hat sich das Duo NORSE aus New South Wales ins Studio begeben, um die zweite Langrille mit dem passenden Titel „All Is Mist And Fog“ unter die Leute zu bringen. Letztes Jahr ist die Scheibe bereits in Übersee erschienen und nun kommt das Album auch hier heraus. Eine Schande eigentlich, dass NORSE sich noch nicht weltweit etablieren konnten, denn wer bei dem Titel „All Is Mist And Fog“ an vernebelt-verwaberten Synthie-Metal denkt, liegt … ähm, ziemlich weit daneben. Ohne Umschweife, ohne Keyboard-Pseudostreicher-Tüdelü-Intro, ohne ein Etablieren von halbherziger Weltuntergangsstimmung kommen NORSE direkt auf den Punkt – mit einem Riff, das irgendwie nach Black Metal klingt, aber auch nach Tech Death … und, ähm, höre ich da Deathcore? Melo Death?

Der Anfang des Openers „Neglect“ ist dabei programmatisch für das Album: Im denkbar positivsten Sinn pendeln die beiden Aussies zwischen Black Metal, Melo Death und Tech Death, zwischen modernen Anleihen und Oldschool-Geschrubber, zwischen wildem straight-forward-Riffing und fast schon progressiver Vertracktheit hin und her, dass es nur so kracht. Dabei werden NORSE nie soft, sondern panzern mit viel Vorliebe für Härte und Brachialität durch die halbe Stunde, einzig ein bisschen Piano gönnt man sich in „Plaguewhore“, nur um dann einen disharmonisch gespielten Midtempo-Part anzuschließen und die eh schon weit offen stehende Kauleiste mit einem Roundhousekick endgültig durchzutreten … bevor man mit „Concrete Wastes“ ein Musterbeispiel an böser, aber eingängiger Melodieführung setzt und so nochmal ein gutes Stück drauflegt.

Apropos Eingängigkeit: Die ist auf dem ganzen Album präsent, kein Part, der – auch bei aller Vertracktheit, die NORSE teilweise in das Riffing eingearbeitet haben – nicht gut ins Ohr gehen würde. Das zu schaffen, ohne an Brachialität einzubüßen, das haben bisher nur wenige Bands zustande gebracht. Aber das ist eben das, was NORSE ausmacht: Sie laufen nie so wirklich auf bereits ausgetrampelten Pfaden, auch, wenn das ganze Album einem irgendwie heimelig-bekannt vorkommt. Es ist die Art, wie NORSE bekannte Versatzstücke miteinander verbinden, sie so umbauen, dass sie eben doch noch eine Überraschung parat halten, die „All Is Mist And Fog“ zu einem echt guten Album macht. Oder ganz einfach auch die Tatsache, dass die zwei Aussies es schaffen, ihre Gitarren zum Großteil nur minimal zu verzerren, ohne dass ihre Musik an Härte einbüßt. Oder auch … wie gesagt, immer wieder überraschen NORSE einen, immer wieder rutscht die Kauleiste noch ein Stück weiter nach unten.

Dabei läuft die Band natürlich zwangsläufig Gefahr, auf den ersten Blick zu überfordern – denn ja, beim ersten Durchlauf wirkt dieser Mischmasch aus Black Metal, technischem Death Metal und mal disharmonisch-finsteren, mal erlösend-wuchtigen Melodien, aus modernen Momenten und Riffs der alten Schule ein bisschen krude und überladen. Der Sound, der zwar schön ausdifferenziert, aber auch ziemlich dumpf und wenig klar geraten ist, ändert den ersten „Was-ist-das-denn?“-Eindruck auch nicht gerade ins positive. Nein, „All Is Mist And Fog“ ist ein Album, das schon auch seine Zeit braucht, aber hört man genau hin und gibt der Scheibe noch eine zweite Chance, dann entblättert sich einem ein vielschichtiges, abwechslungsreiches Album mit so mancher Überraschung und vor allem richtig fiesen Reißzähnen. Schade ist nur, dass der Sound nicht ganz so mitspielt – dann hätte diese Platte auch noch ein Pünktchen mehr abstauben können.

31.03.2013
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