Nordgeist - Frostwinter

Review

Eis, Kälte, Schnee – und dann auch noch eine Kooperation mit Kunsthall Produktionen. Wer bei diesen Schlagworten unweigerlich an Wintherr und sein Projekt PAYSAGE D’HIVER denken muss, liegt bei NORDGEIST zumindest in der musikalischen Vorsortierung gar nicht mal so verkehrt. Das russische Einmann-Projekt des inkognito agierenden Musikers T. präsentiert mit „Frostwinter“ das erste Langeisen seit der Gründung im Jahre 2017 und schickt seine Zuhörerschaft unmittelbar auf eine Reise durch die klirrende Kälte sibirischer Weiten.

NORDGEIST huldigt Eis, Kälte, Winter…

Wer befürchtet, von „Frostwinter“ in einen ähnlich unwirtlichen, klanggewordenen Schneesturm gezogen zu werden, wie es insbesondere jene Werke vermochten, die dem aktuellsten Album von PAYSAGE D’HIVER vorangingen (letzteres bot aller verbliebenen Rauheit zum Trotz doch ein deutlich höheres Maß an Zugänglichkeit, als die vorangegangenen Veröffentlichungen des Schweizers), wird im Opener „Winter“ eines Besseren belehrt. Die Grundstimmung mutet majestätisch, erhaben und zunächst weniger eisig als erwartet an. Während der Kreischgesang bei NORDGEIST primär Mittel zum Zweck ist, vermag dieser im Zusammenspiel mit dem melodischen Riffing, dem gleichermaßen akzentuierten und treibenden Drumming, sowie den dezent eingewobenen Synths eine dichte Atmosphäre zu schaffen, die sich im weiteren Verlauf des Albums zunehmend verdichtet und intensiviert.

…und beschwört den Schneesturm herauf

Während das nachfolgende „The Old Wolf“ noch die euphorische Stimmung des vorangegangenen Songs aufrecht erhält, ziehen sich über Titel Nummer drei, „Revenge“, dunkle Wolken zusammen. Dass sich das zunehmend bedrohlicher werdende, sphärische Klima in einem klimaktischen Unwetter entladen wird, ist wie eine düstere Vorahnung während des gesamten Tracks spürbar. Letztlich ist es das abschließende „Sorrow“, welches doch noch den Sturm bringt, vor dem man sich zu Beginn von „Frostwinter“ in Sicherheit gewähnt hat. Was gleich einer Wanderung durch friedlich verschneite Wälder begann, schlägt nun in einen unbarmherzigen Blizzard um, dem zu entrinnen kaum noch möglich scheint.

„Frostwinter“ ist atmosphärische, kalte Tonkunst

NORDGEIST steht exemplarisch für die hohen qualitativen Standards, die im Atmospheric Black Metal mittlerweile erwartet werden dürfen und erwartet werden sollten. Gänzlich befreit vom für das Genre nicht unüblichem Kitsch, lebt das präsentierte Debütalbum von einer hervorragend inszenierten atmosphärischen Dichte, die von Anfang bis Ende fesselt und die vier enthaltenen Titel zu einem eindrucksvollen Gesamtwerk verwebt. Liebhaber stimmungsvoll kalter Tonkunst sollten NORDGEIST unbedingt antesten und den „Frostwinter“ Einzug halten lassen.

17.04.2021
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