Nocturno Culto - The Misanthrope

Review

DVDs mit Konzerten, DVDs mit Making Ofs, DVDs mit Hintergrundberichten und noch mehr Live-DVDs – der Markt, auch der im Metal, füllt sich immer schneller mit Produkten, die kein Mensch mehr schauen kann, genauso wie kein Mensch mehr alle erscheinenden Alben hören kann.
Trotzdem – beziehungsweise eher: schon vor vielen Jahren, nämlich 1993 – hat sich Ted Skjellum, besser bekannt unter seinem bei DARKTHRONE verwendeten Pseudonym Nocturno Culto, entschlossen ebenfalls eine DVD zu produzieren. Allerdings, und das ist es, was diese Scheibe überhaupt erst interessant macht, finden sich darauf bis auf zwei uralte Tracks aus der „Soulside Journey“-Ära im Gimmickbereich keine Konzerte, keine Making Ofs und streng genommen auch keine Hintergrundberichte. „The Misanthrope“ ist ein Stimmungsfilm, mit Blitzlichtern aus dem Leben des Ted Skjellum.

Darunter findet sich natürlich eine Menge DARKTHRONE-bezogener Szenen, beispielsweise eine Probe zum „Sardonic Wrath“-Album (jaaahaaaa, Fenriz, von wegen „ich brauche keine Proben, ich probe im Kopf“!) und dem dazugehörigen Studioaufenthalt, AURA NOIR, wie sie ihren Vertrag bei Nocturnos Label Tyrant Syndicate unterschreiben, AURA NOIR bei ihrem Releasegig im Elmstreet 2004 (Aggressor, auf zwei Wunderkerzen zeigend: „look at our pyro, isn’t it amazing!“), AURA NOIR und DARKTHRONE auf einer Wanderung durch die norwegischen Berge oder ein Besuch in Tokyo anlässlich einer Fotoausstellung von Peter Beste, dem Mann, der in den letzten Jahren so viele norwegische Black-Metal-Bands fotografiert hat, inklusive GALLHAMMER-Konzert. Die Liste ist lang, obwohl der Film nur 55 Minuten dauert und sich bei jeder einzelnen Szene kräftig Zeit lässt.

Das Subtile an „The Misanthrophe“ ist die Art der Darstellung: düstere, schwarz-weiße Bilder verschneiter Waldhütten und -wege, eisiger Hänge, über die der Wind weht, ein Skilauf durch den Wald jenseits aller Zivilisation – so sieht der Film auf der einen Seite aus. Auf der anderen ist er knallhart realistisch, farbig, albern bis peinlich und schönt absolut gar nichts. Alleine die Einstiegsszene, in der Nocturno, Grutle von ENSLAVED und ein deutscher Journalist beim Eisfischen zu bestaunen sind, ist absolut sehenswert. Gleiches gilt für ein Foto, auf dem AURA NOIR und DARKTHRONE gemeinsam mit Müllschieber und Besen posen, für eine Fahrradtour „under a funeral moon“ und eine Menge netter Kleinigkeiten, die ich nicht verraten will.

Die alte Garde der Black Metaller wird angesichts dieser unblackmetalhaften Realität vor Unverständnis die DVD verfluchen und stattdessen lieber gleich „Transilvanian Hunger“ einlegen. Wer sich allerdings mit der Ästhetik von „The Misanthrophe“ auseinander setzt wird feststellen, dass auch Nocturnos Leben, das immerhin eines der auf den Black Metal einflussreichsten überhaupt sein dürfte, nicht nur aus Bösegucken und Ininternetforenabhängen besteht, und woher der Mann seine Inspiration zieht. Der Film macht deutlich, dass diese Musik durch Gegensätze funktioniert und durch eine Einstellung, die wunderbar deutlich auf alles scheißt, das irgendwelche Ansprüche an sie stellt (dazu auch sehr interessant ein Zitat von SVARTAHRID, die zu Gast bei Nocturno waren: „it was never important to make music other people like“). Selbst die Parties sehen in Norwegen nicht immer so aus wie man sie sich vorstellt: nach dem Unterzeichnen des Vertrages sitzen Apollyon, Aggressor und Nocturno gemeinsam in einer Hütte, trinken gesittet und zerbrechen sich gemeinsam bei einem Brettspiel die Metalheads, die offenbar gar nicht so sehr von Metal bestimmt sind, wie man das immer glauben wollte. Ich finde, das ist ein durchaus beeindruckendes Statement.
Sicherlich ist der Film nicht gut gemacht, natürlich hat der Mann beim Filmen alle Fehler, inklusive Zoom, Autofocus etc. gemacht, die man beim Filmen machen kann, und sogar der eigens komponierte Soundtrack ist nicht die Offenbarung – aber wen soll das interessieren?! Wer Interesse daran hat, einen Einblick in das wahre Leben eines vermeindlichen Black-Metal-Papstes zu erheischen, der muss eben auch mit der Wahrheit zurecht kommen, und die sieht – für mich nicht ganz überraschend – viel unspektakulärer aus, als das viele Die-Hard-Fans immer gedacht haben.

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29.04.2007

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