Schon seit 2004 bedienen NOCTURNAL DEPRESSION den psychischen Abgrund des Black Metal. Die DSBM-Band hat nun ihr neuntes Album veröffentlicht. Seit ihrem siebten Werk „Spleen Black Metal“ liegt die Messlatte vergleichsweise hoch. Vielleicht auch deshalb haben die Franzosen Herr Suizid, der die Band 2012 verließ, wieder ins Boot geholt. Aber kann „Tides of Despair“ reuniert die lang erarbeitete Lobkritik aufrecht erhalten?
NOCTURNAL DEPRESSION – So positiv der Anfang, so depressiv geht es weiter
Schon der erste Track des Albums, der eigentlich eher ein Albumintro ist, welches im zweiten Track fortgeführt wird, überrascht mit Instrumenten, die für Black Metal doch eher untypisch sind. Das prägnante Martinshorn stimmt eine Melodie an, die unerwartet positiv klingt – haben die Franzosen doch sogar die Depression in ihrem Bandnamen verankert. Die grundlegende Melodie nach schönem Übergang auch in gewohnter Instrumentalisierung und Black Metal-Manier aufgegriffen, wirkt jedoch auch hier keineswegs depressiv.
Wer sich davon nicht abschrecken lässt, merkt schnell, warum die Franzosen sich zu einer solchen Melodieführung entschieden haben: mit Voranschreiten des Albums wird die Stimmung sehr viel düsterer, die depressiven Songs lösen durch den Kontrast zum Albumintro schon fast eine Endzeit-Stimmung beim Hörer aus. „Slit My Wrists“ unterbricht das traurige, ruhige Soundgebilde und legt den aggressiven Fokus auf die Gastmusiker, von denen auf „Tides of Despair“ nicht wenige ihren Beitrag zum Ganzen leisten: Psychonaut 4, Sarkrista, Tulpa, Darkend und Selvans haben ihre Stimmkunst den Franzosen geliehen, die es schaffen, jedes Element perfekt einzubinden.
Leider tun sich NOCTURNAL DEPRESSION allerdings schwer, zum Ende des Albums eine ähnlich starke Atmosphäre zu kreieren, wie sie es in den ersten Tracks geschafft haben. Die Aufmerksamkeit können sie zwar durch gezielten Einsatz von neuen Elementen (wie z.B. Piano) aufrecht erhalten, allerdings erzielen sie dadurch nicht den gewünschten Effekt, auch wenn sie wenigstens Pluspunkte in Sachen Kreativität sammeln können.
„Tides of Despair“ – Das Album lässt nach
Es ist schade, dass die Franzosen nach „Slit My Wrists“ so nachlassen, haben sie doch so stark begonnen. „Tides of Despair“ ist wieder einmal eines dieser Alben, deren beste Tracks sich relativ weit zu Beginn sammeln.
Trotzdem haben NOCTURNAL DEPRESSION bewiesen, dass sie keine düstere 08/15-Band sind, sondern eine der wegweisenden DSBM-Bands, die es schafft, sich von vielen anderen desselben Genres abzuheben.
(Review von Daniel Pressert)
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