Nicht alles, was Kult ist, glänzt. Und überhaupt: Was ist das eigentlich, Kult? Oder besser noch Kvlt! Schieben wir diese oftmals vielmehr subjektiven Beschreibungen mal beiseite und blicken ganz ungefiltert auf ein paar Fakten und schließlich auf die Musik. Fakten: Natürlich haben sich NOCTERNITY im Underground einen Namen gemacht. 2001 ging das erste Langeisen „En Oria“ an den Start, nur zwei Jahre später lugte der Nachfolger „Onyx“ aus der Dunkelheit des griechischen Metal-Unterbaus heraus. Anschließend folgten über viele Jahre nur EPs und Splits. Bandkopf K.D. beleuchtet, dass das Neuwerk schon seit einer Dekade in Arbeit ist. Es wurden zwei Versionen mit verschiedenen Bandmitgliedern aufgenommen, eine digital, die andere analog (im Studio 5 in Athen). Eigentlich logisch, dass sich die letztgenannte durchgesetzt hat. So präsentiert sich der angenehm erdige und organische Sound von einer richtig guten Seite, was man von den Songs in der Summe nicht behaupten kann. Mal davon abgesehen, dass drei Nummern durch 2007 und 2012 veröffentlichte EPs schon bekannt sind: „Harps Of The Ancient Temples“, „Titans“ und „River Of Woe“.
Der Opener zerrt einen direkt in ein dunkles Midtempo-Moor, in dem man langsam versinkt, während sich das mit INQUISITION anbandelnde Riffing unbarmherzig wiederholt. Die Texte werden erst gesprochen, dann geflüstert – eine mystische Aura legt sich über „Harps Of The Ancient Temples“. Erst zur Hälfte bricht die Gitarren-Eintönigkeit auf. Auch der nachfolgende Titeltrack wird von mittlerem Tempo, rudimentären Riffs und Flüstern dominiert, später schleicht sich ein eher sphärisches Gitarrenspiel ein, das dem Track die Erdung nimmt, ihn leicht harmonisch, aber immer bedrohlich vom stereotypen Black Metal abheben lässt. Danach agieren stampfendes Riffing und filigrane Soloarbeit über viele Minuten im Duett. In „Titans“ wird das Tempo insbesondere durch die Drums mächtig (in Relation zum bisherigen Kriechen) angezogen, auch wenn sich das Schlagzeugspiel eher variationsarm präsentiert. Im Hintergrund schlängeln sich mal filigrane Licks durch den Song, mal werden schnarrende Soundwände hochgezogen. Danach drosseln NOCTERNITY die Geschwindigkeit wieder (so bleibt es auch bis zum Ende) und ersetzen Brutalität durch Atmosphäre. Den Beginn von „River Of Woe“ kann man sich auch gut auf einer aktuellen MAYHEM-Veröffentlichung vorstellen, „B.O.D.D.“ hypnotisiert durch Monotonie, in „Blood Rite Tree“ ist die Doublebass etwas treibender, grundsätzlich bewegt sich der Song aber auf ähnliche Art und Weise. Spätestens bei „Opaline Eye Of Death“ fragt man sich, ob NOCTERNITY in nahezu jedem Song von „Harps Of The Ancient Temples“ das gleiche Hauptriff verwenden.
War der Vorgänger noch um einiges facettenreicher, kommt das neue und von vielen langersehnte Studioalbum mit wenig Tempowechseln aus. Und K.D. weiß es natürlich selbst: „Das Album ist nicht so komplex wie „Onyx“. Die Musik wurde auf das Wesentliche reduziert, es zielt darauf ab, hypnotisch zu sein“. Allerdings beherbergt „Onyx“ die besseren Riffs und erzielt im Vergleich zur Klangmonotonie von „Harps Of The Ancient Temples“ die deutlich bessere Wirkung. Doch auch das lässt sich ganz einfach aufs Wesentliche herunterbrechen: NOCTERNITY kehren nach so vielen Jahren mit einem überraschend enttäuschenden Album zurück, das in seinen besten Momenten interessant, in den überwiegend schwachen aber geradezu langweilig und eintönig ist.
Ich finds großartig. Verdammt atmosphärisches Album das die ästhetik eines wunderbaren Murnau Stummfilms trägt, statt die Abwechselung eines J.J. Abrams Action-Spektakels 😉
Super Album und klasse Homage an 90er Black Metal.