Nocte Obducta - Verderbnis - Der Schnitter Kratzt An Jeder Tür

Review

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Ich war zarte 18 Jahre alt, als ich mit NOCTE OBDUCTA bekannt wurde. Irgendwie hatten die Mainzer schon damals – 1998! – mit ihrer latenten Selbstironie, einem ziemlich unverkennbaren Stil und genauso vielen Kreativschüben wie Line Up-Wechseln eine Sonderstellung in einer Szene inne, die damals in dieser qualitativen Liga außerordentlich überschaubar war.

Seitdem ist viel passiert, und ich war (fast) immer ziemlich nahe dran dabei. NOCTE OBDUCTA haben seit 1998 ungefähr 1000 Alben veröffentlicht und sich irgendwann frustriert aufgelöst – was ich genauso schade wie nachvollziehbar fand. Deshalb bedeutet mir „Verderbnis“ persönlich eine Menge, wie viele Rückkehrer-Alben aus dem Black Metal meiner Jugend. Das Gefühl, in der Zeit zurückzufallen, noch einmal die Euphorie und Magie eines unwiderbringlichen Lebensabschnitts zu erfahren, so sehr für etwas zu brennen, dass man es kaum ertragen kann – das schaffen nur wenige Dinge. „Verderbnis“ kann das – zumindest bei mir – ein Stück weit zurückbringen.

Und warum? Weil es so unverhohlen nostalgisch ist. Die acht teilweise schon recht alten Songs auf „Verderbnis“ atmen das Flair der NOCTE um die Jahrtausendwende, für mich vor allem von „Taverne“ und mitunter „Lethe“. Das liegt vielleicht an der etwas zusammengewürfelten Mischung aus langsamen, überaus düsteren Songs mit vielen ausgedehnten Gitarreneffektpassagen („Schweißnebel“, „Tiefrote Rufe“), oldschoolig aus dem Handgelenk geschüttelten Krachern („Niemals gelebt“), mit Samples gespickten und mit Augenzwinkern servierten Trademarksongs („El Chukks Taverne“), von Gänsehaut-Keyboards zu superverhallten Mollakkord-Wänden („Obsidian zu Pechstein“) und kurzen Brutalitätsausbrüchen („Wenn ihr die Sterne seht“). So vielseitig ist kein NOCTE-Album seit fast zehn Jahren gewesen, und das auch dank der gesanglichen Vielfalt. Sympathisch finde ich auch, dass die Rückkehr dieser Band einhergeht mit einer Stilbereinigung, die Post Rock und alle artverwandten Einflüsse aus dem Sound der Band katapultiert. Das gilt übrigens auch für die diesmal selbstgemachte, aber genauso rohe wie gelungene Produktion.

Übrig bleibt NOCTE OBDUCTA pur. Ich finde das großartig. Wer deutschen Black Metal mit latentem Kitschfaktor noch nie mochte, wird das auch nach „Verderbnis“ nicht tun. Wer NOCTE OBDUCTA immer spannend und einzigartig fand, wird das wieder tun. Herrlich, noch einmal 18 sein.

15.11.2011

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2 Kommentare zu Nocte Obducta - Verderbnis - Der Schnitter Kratzt An Jeder Tür

  1. Roflcopter sagt:

    Das erhoffte Schwarzmetall 2 ist es für mich nicht geworden.

  2. jaspeR sagt:

    ein höchst seltsames review, macht der autor doch implizit klar, dass er aufgrund nostalgischer gefühle dem material nicht gerade objektiv gegenübersteht. nun bin ich aus derselben generation wie der schreiberling, auch bei mir hatten nocte immer eine sonderstellung inne, die sie so langsam einbüßten, als klar wurde, dass der musikalische horizont doch recht begrenzt ist – die auflösung der band eine folgerichtige und begrüßenswerte entscheidung, weil nocte so ihren völlig zu recht guten ruf in meinem kopf behalten konnten. nun das neue album. nostalgie hin oder her – es ist einfach nicht gut. der sound ist kraftlos und klingt nach ersten homestudioversuchen, da hab ich schon hundert bessere eigenproduktionen gehört. das songmaterial ein abglanz dessen was nocte früher geliefert haben, der gesang monoton und schwach. ich weiß nicht, da zieh ich mir aus nostalgiegründen lieber die ersten demos rein, weil ungefähr da rangiert diese platte qualitativ. da wär viel mehr drin gewesen