Nocte Obducta - Umbriel (Das Schweigen Zwischen Den Sternen)

Review

Nachdem NOCTE OBDUCTA im Juni 2006 verkündeten, die Band zu Grabe tragen zu wollen, herrschte tiefe Trauer in der deutschen Black-Metal-Szene, zumindest bei jenen, welche das vielschichtige Schaffen dieser einzigartigen Band zu schätzen wussten. Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Mit „Verderbnis (Der Schnitter kratzt an jeder Tür)“ meldete sich die Gruppe um Marcel im November 2011 wieder lautstark mit einem nostalgisch anmutenden Black-Metal-Werk zurück. Und nun steht in Kürze die Veröffentlichung des Nachfolgers „Umbriel (Das Schweigen zwischen den Sternen)“ an. Namensgeber des neuen Werkes ist Umbriel, der sechzehnte Monde des Planeten Uranus.

Dieses unterscheidet sich doch deutlich vom direkten Vorgänger. War „Verderbnis (Der Schnitter kratzt an jeder Tür)“ ein roher, schwarzmetallischer Brocken mit Reminiszenzen an NOCTE OBDUCTAs Schaffen zur Zeit der Jahrtausendwende, eine Art nostalgische Zeitreise, wirkt „Umbriel (Das Schweigen zwischen den Sternen)“ deutlich umfangreicher, vielschichtiger, weiter, freier. Ohne Rücksicht auf althergebrachte Konventionen entführen und NOCTE OBDUCTA auf eine komplexe Reise in traumhaft wirkende, dabei durchaus düstere Klangwelten. Sie wirken still, kalt, leer, beklemmend, depressiv, entfremdet, und doch wohlig anschmeichelnd, melancholisch sehnsuchtsvoll, zwangsweise kommen Erinnerungen an „Sequenzen einer Wanderung“, „50 Sommer – 50 Winter“ (DINNER AUF URANOS) sowie mit Abstrichen „Stille – das nagende Schweigen“ auf. Gekonnt verweben die Mannen Elemente des avantgardistischen, progressiven Black Metals mit Post Rock, 70er Prog Rock, Doom Metal, Psychedelic und Ambient. 

Angefangen vom pathetischen, nach Verfall schmeckendem „Kerkerwelten – Teil 1“ mit getragenem Schlagzeugspiel, dezenten Bass- und Gitarrenlinien, sphärischen Keyboards, welche sich bis zum Ausbruch steigern, mit Sprechgesang und Hintergrundgeschrei, über das ebenfalls in schleppendem Tempo gehaltene „Gottverreckte Finsternis“ mit viel Bassspiel, teilweise bluesig anmutenden, erdigen Gitarren, gespenstisch klingenden Synthesizersounds, einfachen aber effektiven, flächendeckenden Riffs hin zum ersten verträumten, melodischen Instrumental „01-86 Umbriel“ mit spacigen Keyboards, NOCTE OBDUCTA wirken experimentell und dabei so fern entrückt. Das ändert sich auch mit dem folgenden, zweitlängsten, dunklen Stück „Dinner auf Uranos“ nicht, welches beklemmend und sehnsüchtig zugleich wirkt, mit ruhigem Gesang und mehrfacher Überlagerung der Stimmen, vielen instrumentalen Passagen mit verschiedenen Motiven und Rhythmusänderungen. In „Mehr Hass“ packen NOCTE OBDUCTA hingegen unerwartet den Black-Metal-Knüppel mit emotionalen Growls und sägenden Gitarren aus und liefern damit einen angenehmen Kontrast. „Leere“ wiederum klingt genauso, wie es der Titel suggeriert, ruhig, bedrückend und melancholisch, das längste Stück des Albums, mit langen, monoton hypnotisierend wirkenden Elementen, wer sich hier treiben lässt erlebt zig Gänsehautmomente! Es folgt das rockige „Ein Nachmittag mit Edgar“, mit düsteren Keyboards, bluesig angehauchten dunklen Gitarren und dem textlichen Schwelgen in Erinnerungen. Abschließend folgen noch das vierminütige Instrumental „Reprise Dinner auf Uranos“ und das Gesamtwerk abrundende, vorangegangene Elemente wieder aufgreifende „Kerkerwelten – Teil 2“.

Alles in allem liefern NOCTE OBDUCTA mit „Umbriel (Das Schweigen zwischen den Sternen)“ ein atmosphärisch dichtes, in sich harmonisches Werk ab, vollgepackt mit melancholischer, zeitloser Musik. Unberechenbar und polarisierend, nachdenklich und experimentell, intelligente Musik mit depressiver Romantik. Zum träumen schön…

25.02.2013

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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