Nocte Obducta - Totholz (Ein Raunen aus dem Klammwald)

Review

Galerie mit 32 Bildern: Nocte Obducta - Walpurgisnacht 2023 in Berlin

Fast As A Shark

Das ist mal eine echte Überraschung – keine 12 Monate nach „Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken…)“  haben NOCTE OBDUCTA mit „Totholz (Ein Raunen aus dem Klammwald)“ schon wieder ein neues Album. Und wenn man sich das Cover betrachtet, kommen schnell Erinnerungen an die mittlerweile kultigen „Nektar“-Werke. Diese zählen für viele Anhänger zu den Highlights der musikalischen Querköpfe.

Überraschungsei

Neue Alben von NOCTE OBDUCTA sind wie eine Wundertüte. Irgendwo hat man eine ungefähre Vorstellung, wie die Musik klingt, aber so genau weiß man es doch nie. Mal mehr (Avantgarde) Black Metal, dann wieder eher experimenteller, Richtung Post Metal und/oder Psychedelic sowie Ambient. Irgendwo erfinden sich NOCTE OBDUCTA immer wieder neu, und doch sind da immer wieder die Querverweise zur eigenen Historie, musikalisch, lyrisch, atmosphärisch. Und wohin geht die Reise nun mit „Totholz (Ein Raunen aus dem Klammwald)“? Was kredenzt uns Bandchef Marcel Breuer dieses Mal?

Der Versuch, die Zeit zurückzudrehen

NOCTE OBDUCTA sind wieder grob gesagt im (Avantgarde) Black Metal-Kosmos gelandet. „Totholz (Ein Raunen aus dem Klammwald)“ ist nicht mehr so experimentell und stiloffen ausgefallen wie die Werke der Zwischenphase inkl. des DINNER AUF URANOS Albums. Die kreative, innovative und unvorhersehbare Eigenwilligkeit wurde aber natürlich beibehalten. Offensichtlich wollen Marcel und seine Mitstreiter wieder in ihre eigene Vergangenheit zurück, dafür sprechen die lyrischen und kompositorischen Querverweise auf frühere Alben. Vom instrumentalen, düsteren Einstieg „Innsmouth Hotel“, der gleich für ordentlich Gänsehaut sorgt. Mit dem folgenden „Die Kirche der wachenden Kinder“ ist man voll in den typischen NOCTE OBDUCTA-Klangwelten. Aggressive Riffs, doomige Passagen, flächige 90er-Keyboards, Kreischgesang, dann fährt wieder alles runter und verträumte Clean-Gitarren mit ordentlich Delay und Reverb erklingen. Die Lead-Gitarren in dem dynamischen Stück erinnern mich tatsächlich ein wenig an „Taverne (In Schatten schäbiger Spelunken)“. Und es wird besser: Das griffige, eingängige „Trollgott“ rockt wunderbar schwarzmetallisch finster und hat schon fast primitiven Flair – höre ich da jemanden „Schwarzmetall (ein primitives Zwischenspiel)“ sagen? Na nicht ganz. „Totholz“ wiederrum kann als eine Art Verbindungsstück zwischen der ersten, Black-Metal-Hälfte und der zweiten, offeneren Hälfte des Albums angesehen werden. Der Song spannt den Bogen von Black Metal bis zu düsterem Vintage Rock, hat einen tollen eingängigen Chorus und schmissigen Groove – Ohrwurm! Das simple „Ein stählernes Lied“ und das etwas uninspirierte, blasse „Liebster“ können mit den vorherigen Songs qualitativ nicht ganz mithalten. Dafür kommt der Höhepunkt zum Schluss: Der immer wieder angekündigte „Wiedergänger Blues“. Ein Monumentaltrack von 15 epischen Minuten, der ein wenig Hörspielmanier versprüht. Blues hört man hier übrigens entgegen dem Songtitel nicht. Mit dezenten Melodien vom Klavier  und Akustikgitarre umhüllt das Musikerkollektiv aus Mainz zuerst den Hörer, anschließend schlagen NOCTE OBDUCTA irgendwo den Bogen hin zu KYUSS und PINK FLOYD, rocken introvertiert psychedelisch.

Fazit

„Totholz (Ein Raunen aus dem Klammwald)“ weckt tatsächlich ein wenig nostalgische Gefühle beim NOCTE OBDUCTA-Fan. Ohne sich auf liebgewonnenen Trademarks auszuruhen oder sich stets zu wiederholen, wird der Stil auf dem neuen Album um feine Nuancen variiert und mit einem Blick zurück in die eigene Vergangenheit neu aufbereitet. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, aber das Feeling kommt nah dran.

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18.06.2017

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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