Bevor wir uns dem neuen Album „Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken…)“ von NOCTE OBDUCTA widmen, wollen wir kurz innehalten und die letzten 10 Jahre Revue passieren lassen. Nachdem das Musikerkollektiv aus Mainz um Marcel im Juni 2006 verkündete, die Band zu Grabe tragen zu wollen, herrschte tiefe Trauer in der deutschen Black-Metal-Szene, zumindest bei jenen, welche das vielschichtige Schaffen dieser einzigartigen Band zu schätzen wussten. Aber es kam anders – mit dem nostalgisch anmutenden „Verderbnis (Der Schnitter kratzt an jeder Tür)“ meldeten sich NOCTE OBDUCTA 2011 schwarzmetallisch zurück, 2 Jahre später erschien „Umbriel (Das Schweigen zwischen den Sternen)“, welches stilistisch freier, experimenteller war, teils im Stile von „Sequenzen einer Wanderung“ oder dem Zwischenspiel „50 Sommer – 50 Winter“ von DINNER AUF URANUS.
Und „Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken…)“? Sind NOCTE OBDUCTA wieder zu den eigenen Black-Metal-Wurzeln zurückgekehrt oder drehen die jetzt völlig ab? Man verzeihe mir die überspitze Fragestellung, aber die unberechenbare, experimentierfreudige Band polarisiert nun mal seit jeher, auch ein Zeichen der künstlerischen Bedeutung. Und um die Antwort gleich vorwegzunehmen – Genregrenzen interessieren ein weiteres Mal nicht! Vom leichtfüßigen Anfang mit dem atmosphärischen, fast zehnminütigen Instrumental „Am Ende des Sommers“ mit seinem experimentalen Charakter einer Jamsession, über das mit dezenten Keyboards, fast schon pop-rockigen Gitarren garnierte „Glückliche Kinder“ mit Gesang zwischen keifend bis Choral, das ruhige erdende „Ein Ouzo auf den Nordwind“, über das schaurig-spannende Piano-Instrumental „Lethe, Stein und See – Teil I“, das bissig-aggressive, brachial-knüppelnd kompakte „Löschkommando Walpurgisnacht“, oder das 20minütige Herzstück „Desîhra Mogontiacum“ mit seinem fünfteiligen Text, NOCTA OBDUCTA zeigen sich auch auf „Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken…)“ erneut sehr abwechslungsreich, progressiv und experimentierfreudig. Auch wenn es noch zuhauf Clean-Gitarren gibt, kann man zumindest teilweise der Aussage folgen, dass das neue Album verstärkt auf alte Trademarks zurückgreift und härter ist. So verwendeten NOCTE OBDUCTA das Studio, in welchem das Demo aufgenommen wurde, konzeptionell stützt sich das ursprünglich als Zweiteiler geplante und „Wiedergänger Blues Teil 1: Die glücklichen Kinder“ betitelte Album unter anderem auf Material, welches als Nachfolger der beiden „Nektar“-Teile geplant war, bezeichnen sie selbst „Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken…)“ als musikalischen Befreiungsschlag nach über 10 Jahren. Dem kann ich bedingt zustimmen, das neue Werk trägt für mich als Hörer auch vieles von dem in sich, was „Umbriel“ ausmachte. Von Post Rock/Metal über Psychedelic bis hin zu Black Metal, von progressiv komplexen Songstrukturen bis zur groben Knüppelei, dabei immer mit genau überlegten, harmonisch zwingenden Tonfolgen, atmosphärisch dicht und spannend. Nahezu jedes Mitglied steuert Gesang bei, was für noch mehr Kontrast in der ohnehin dynamikreichen Musik sorgt, welche aufgrund der avantgardistischen und teils anstrengenden Wechsel musikalischer Stimmungen nicht eben so nebenher gehört werden will. Verglichen mit den „Nektar“-Teilen ist die Produktion von „Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken…)“ deutlich erdiger und organischer ausgefallen.
Ein weiteres Mal beweisen die unvorhersehbaren NOCTE OBDUCTA Rückgrat. „Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken…)“ ist der ausgestreckte Mittelfinger an alle selbsternannten Szenepolizisten und nährendes Lab für all jene, welche die durchdachte, intelligente und vor emotionaler Leidenschaft strotzende Musik, die immer viel Raum für Experimente lässt, der Mainzer seit jeher schätzen. Der Wandel bleibt.
Hier kann man nur beipflichten. Der warme Fendersound unterstreicht die Ausnamhmestellung NOCTE`s hier sehr deutlich. Kreative Avantgarde und deutlich fühlbaren Black Metal Roots. Ein Album welches das mehrmalige Hören fordert und fördert. Der laut-leise Kontrast wurde stimmungsvoll ausgearbeitet und man merkt deutlich, das viel Arbeit in den einzelnen songaufbauten steckt. Dennoch wirkt nichts künstlich inszeniert. Die analoge Aufnahmetechnik mag das i tupferl sein. Nur ein Kritikpunkt. Ouzo kann man trinken, muss man aber nicht. Die verträumten Elemente, entfalten nach einem Glas Absynth, eine noch intensivere Wirkung.
vergessen… 9/10
Die „Umbriel“ fand ich super. Am mangelnden BM-Anteil liegt’s also nicht, aber die hier finde ich total öde. Der Stil ist nicht das Problem, aber die Songs ansich sind einfach scheisse. *Achselzuck*