Einiger Wirbel wurde schon vor der Veröffentlichung um dieses Album gemacht. Obskure Telefonnummern und Internetseiten heizten die Spannung bei den auf Schnipseljagd geschickten Fans an. Virales Marketing. Hui. Verschwörungstheorien huschten durch den Raum, Verbreiter von musikalischen Vorabeindrücken wurden von der Industrie abgemahnt – die sich anschließend entschuldigte und Fan-Treffen organisierte. Angeblich soll Trent Reznor sogar höchstpersönlich auf Toiletten rumgekrochen sein, um dort USB-Sticks zu verstecken. Quatsch, doch irgendwie passend… Die Marketingblase platzt und es bleibt das Bild eines Künstlers am Boden.
Ganz so schlecht ist „Year Zero“ dann doch nicht, aber von einer Veröffentlichung unter dem NINE-INCH-NAILS-Banner muss man mehr erwarten. Oder nicht? Für Hardcore-Fans ist es wahrscheinlich okay, wenn sie eine Verpackung, die teuer, aber substanzlos wirkt, skizzierte, konfuse „Endzeitvisionen“ und die üblichen Trademarks geliefert bekommen. NIN klingen auf „Year Zero“ natürlich älter – allerdings nicht gut abgehangen, sondern überholt. Es wird sich beim Underground bedient. Die wahre Elite sind andere: SUNN O))), Altmeister MERZBOW, MILANESE, die Düster-Hip-Hopper DÄLEK und Co… Viele haben schon früher mit ähnlichen Klängen experimentiert, aber sie waren und sind halt vergleichsweise Vorreiter und haben zudem Werke geschaffen, die extremer und/oder tanzbarer sind.
Was bleibt dann noch für „Year Zero“? In erster Linie zählt das Produkt, nicht der aufwendige Marketing-Zirkus, auch wenn dieser einen netten (Unterhaltungs-)Mehrwert bieten mag. Viele Leute viele Stunden an ihre PCs zu binden und sie in der „wichtigen“ Wiki-Welt sowie den angeschlossenen Foren ihre Zeit verbringen zu lassen, ist schließlich nicht per se ein Qualitätsmerkmal. Andererseits kann jeder seine Zeit so verschwenden, wie er es für richtig hält. Und eine beeindruckende Menge scheint das für richtig zu halten, schaut man auf die Nutzer- und Beitragszahlen der betreffenden Plattformen.
Täuschten also vielleicht die ersten Eindrücke und Durchläufe? Der Reihe nach: „Hyperpower!“ hält zwar nicht, was der Titel verspricht, ist aber ein Intro, das Spannung aufbaut. „The Beginning Of The End“ beginnt recht typisch: simpler, treibender Rhythmus, Reznors Gesang, einmal nett gelärmt und dann fängt plötzlich schon das dritte Stück an. „Survivalism“ ist ebenfalls recht simpel und während der Refrain zumindest im ersten Moment überrascht, plätschert der Song erneut in gefälligen, aber unspektakulären Sphären. „The Good Soldier“ beginnt einmal mehr mit 08/15-Beats, dazu die üblichen verzerrten Töne und der übliche Gesang. Der Refrain ist dann allerdings sehr cool und im weiteren Verlauf baut sich hier zum ersten Mal eine seltsame, zwielichtige Atmosphäre auf. „Vessel“ setzt diese mit Elektro-Lärm gut fort. Es folgt eher langweiliges, getragenes, monotones Sirren und Flirren, Summen und Brummen.
„Captial G“: Schon wieder so ein langweiliger Rhythmus, der übliche getragene Refrain – nett, aber insgesamt auch eher arm an Spannungskurven. Etwas mehr Arbeit mit Dynamik und Kontrasten bietet der nächste Song, schwankt er doch zwischen Zurückhaltung und bombastischem Quietschen. „The Warning“ gefällt mit verzerrten Melodiefetzen und netten Drones, ist aber in typischer NIN-Studiomanier ein bisschen diffus. Und es geht weiter mit düsteren Sounds, monotonen Rhythmen. Reznor klang am Mikro auch schon mal lebendiger. Phasenweise taumelt die Scheibe nur äußerst knapp an der Belanglosigkeit vorbei. Als Soundtrack könnte das vielleicht gerade so durchgehen. Nur gelegentlich horcht man noch auf: während der ersten Minuten von „The Greater Good“ zum Beispiel. Beim anschließenden „The Great Destroyer“ fällt zunächst der primitiv programmierte Drumcomputer negativ auf, während das abschließende Dubstep-Massaker eines der seltenen Highlights ist. Dann wieder leises Geblubber, garniert mit Piano-Klängen. „In This Twilight“ kreiert deutlich gelungener Atmosphäre. Die Müdigkeit schlägt dann beim abschließenden Stück wieder voll zu – geflüsterte Worte, sanfte, monotone Beats, die Sonne geht unter, zum Ende hin entsteht etwas Groove, beifälliges Nicken und dann ist ein durchwachsenes Album endlich vorbei.
Das von Reznor groß angekündigte, deutlich experimentellere Werk ist „Year Zero“ nicht geworden. Sicher gibt es wie für NIN üblich experimentelle Töne und Klänge, jedoch nicht über das NIN-typische Maß hinaus. Es gibt wieder einige einigängige Songs und Refrains, aber auch etliches abgedrehtes Zeugs, dass der Otto-Normal-Hörer nicht mögen wird. Auf jeden Fall ein Album, dass man häufiger hören muss. Besonders fällt mir auf, dass die Atmosphäre des Album zum Ende hin (die letzten fünf Songs) immer dichter wird. Erst zum Ende hin kommt das ureigene, leicht melancholische NIN-Feeling auf. Das, was Trent Reznor in den letzten füf Stücken sehr gut gemacht hat, lässt der Rest davor ein klein wenig vermissen. Zumindest habe ich diesen Eindruck. Alles in allem aber trotzdem ein gutes, solides Album. Dieses Mal gibt es zwar keinen richtigen Klassiker an Bord, aber „Year Zero“ ist dennoch ein recht kurzweiliges Hörvergnügen geworden. Man muss das Album allerdings erst einmal richtig kennenlernen, um es wirklich zu mögen.
Also Ich kann mich der Rezension nich anfreunden. Das Album ist zwar sehr sperrig, aber nach mehrmaligem Hören ist man total gefesselt. Nix fürs Auto, aber über Kopfhörer oder einer guten Anlage sehr empfehlenswert.