Nightwish - Human. :||: Nature.

Review

Galerie mit 15 Bildern: Nightwish - An Evening with Nightwish 2023

Symphonic Metal ist vielleicht eine der inflationärsten Spielarten des Metals, aber wenn NIGHTWISH, die finnischen Genreplatzhirsche schlechthin, in den Ring steigen, wird selbst Unsereins hellhörig. Von den Anfängen hin bis zum heutigen Tag hat die Band dieses Subgenre geprägt wie kaum eine andere, hin zum Punkt, wo ihr Sound gefühlt als Blaupause für den gesamten Symphonic Metal gelten kann – im Guten wie im Schlechten. Aber dennoch hat Bandchef Tuomas Holopainen für die Band einen gewissen Qualitätsstandard walten lassen, sodass keines der Alben der Finnen jemals unhörbar gewesen ist, solange man als Hörer wenigstens ein bisschen Kitsch ertragen konnte und auch mit den etwas bescheideneren Anfängen der Band klar kam.

Der lange Weg hin zu Floor Jansen

Dennoch ist NIGHTWISH eine Band, die auch durch einschneidende Besetzungswechsel auf sich aufmerksam machte, wobei man sich ja Horrorgeschichten über das dazugehörige Drama hinter den Kulissen erzählt. Zunächst hatte man am Mikrofon mit Tarja Turunen eine Sopranistin, mit der die Band ihre klassischen Werke einspielte und spätestens mit „Once“ ihren Durchbruch feiern konnte, welches auch das letzte unter ihrer Beteiligung gewesen ist. Als sie die Band verlassen hatte und ihre eigene Solokarriere vorantrieb, kam die Schwedin Anette Olzon, mit der „Dark Passion Play“ und „Imaginaerum“ eingespielt worden sind. Ihrem Weggang folgte nach einigen Shows mit vorübergehenden Gastsängerinnen schließlich die die Aufnahme der Niederländerin Floor Jansen.

Mit ihr ist Holopainen ein Glücksgriff gelungen – oder ein kalkulierter Geniestreich, je nach dem, wie man es sehen möchte. Denn sie hat sich bereits auf „Endless Forms Most Beautiful“ als großartiges Sprachrohr für die Band erwiesen, das gefühlt in jeder Stimmlage zu Hause ist – etwas, was ihrer Vorgängerin Olzon fehlte, so gut die Olzon-Alben auch gewesen sein mögen. Dennoch hat sich „Endless Forms Most Beautiful“ fast so angehört, als sei es ursprünglich für Olzon geschrieben worden, weshalb Jansens Stimme ein bisschen eingeengt geklungen hat. Daher ist die Frage, wie sich ein „echtes“ Floor Jansen-Album der Finnen anhören wird, schon ziemlich spannend. Lange Rede, kurzer Sinn: Vorhang auf für „Human. :||: Nature.“, das neunte Album der Finnen.

NIGHTWISH mit zwei für eins

„Human. :||: Nature.“, mit freundlicher, orchestraler Unterstützung des London Session Orchestra entstanden, ist in zwei Abschnitte unterteilt. Der erste besteht aus „regulären“ NIGHTWISH-Songs, der zweite ist eine achtteilige Suite, die auf dem ersten Hör einem Filmscore gleicht. Die Zweiteilung ergibt Sinn, da Holopainen den rein symphonischen Anteil der Platte klar von den regulären Songs trennen wollte. In gewisser Weise bedeutet das aber auch einen Cut inmitten der Trackliste, sodass sich „Human. :||: Nature.“ weniger wie ein großes Ganzes und mehr wie zwei geschlossene Werke in einem anfühlt, die auf das gleiche Album gepackt worden sind. Das spiegelt wiederum das Grundthema der Platte wider, deren zentrales Thema Betrachtungen von Mensch und Natur sind.

Was uns NIGHTWISH hier auf der orchestralen Suite namens „All The Works Of Nature Which Adorn The World“ präsentieren, besteht wie erwähnt aus acht Teilen, die Holopainen laut Presseinfo als „Liebesbrief an diese Welt“ komponiert hat. Er habe dabei die Naturdokumentationen von Sir David Attenborough im Sinn gehabt und so versucht, eine filmografische Symphonie zu komponieren. „All The Works Of Nature Which Adorn The World“ ist eine nette, angenehm hörbare Dreingabe für das Album. Sie würde sicher noch besser wirken, wenn es eine visuelle Komponente gäbe (bei der ich mir vorstellen könnte, dass diese bereits in Arbeit ist), doch für sich genommen ist dieser zweite Teil gelungen, wenn auch nicht essentiell für das Album.

Die große Symphonie wird von den kleineren Songs ausgestochen

Bleibt der erste Abschnitt, der Stücke enthält, wie man sie von den Finnen eher erwarten würde. Hierauf zeigt sich, wie weit die Band songschreiberisch tatsächlich gekommen sind, denn das dürfte mit das beste Material sein, das die Band seit langem veröffentlicht hat. Klar, auch die Standard-Hits, die Holopainen gefühlt im Schlaf komponiert, sind vertreten, namentlich die beiden Vorab-Singles „Noise“ und „How’s The Heart“, die dank Jansens hervorragender Darbietung aber auch echt gut ins Ohr gehen. Viel interessanter und vielfältiger ist aber das, was drum herum passiert. Hier zeigen sich die Finnen richtig ambitioniert, was abwechslungsreiches Songwriting angeht.

Der Opener „Music“ baut sich langsam aus einem stimmungsvollen Intro heraus auf, das wirklich unter die Haut geht. Im weiteren Verlauf skizzieren die Lyrics die Entwicklung der Musik im Schnelldurchlauf. Hier glänzt Floor Jansen besonders in der Hook, die einfach nur runtergeht wie Öl und in der sie sich einmal mehr als Ausnahmesängern in Szene setzt. „Shoemaker“ demonstriert die gelungene, stimmliche Dynamik zwischen ihr und ihrem männlichen Counterpart Troy Donockley, der im folgenden „Harvest“ die gesangliche Hauptrolle übernimmt. Dieser Track ist dahingehend ungewöhnlich, dass er so ziemlich der poppigste, zurückhaltendste Song des Albums geworden ist. Der Track klingt ein wenig so, als hätte Neal Morse beim Schreibprozess seine Finger im Spiel gehabt.

„Human. :||: Nature“ liefert große NIGHTWISH-Songs

„Pan“ drückt mit ordentlich Pomp nach vorne und fährt dabei so richtig schön in die Nackenmuskulatur. Die Pizzicatos im Refrain sowie das perlende Klavier in den Strophen fügen eine gewisse Mystik hinzu, vor allem da sie sehr dezent aufgetragen worden sind. Mit dem druckvollen „Tribal“ kommt ein paar Tracks später ein weiterer, aggressiver Song mit ordentlich Schmackes um die Ecke gepoltert, in dem Floor Jansen sogar ein paar markige Shouts zum besten gibt. Den Abschluss der Trackliste des ersten Teils macht dann „Endlessness“, das wiederum von Marko Hietala in der Hauptrolle gesungen wird. Und er legt eine Hook vom Allerfeinsten aufs Parkett, die dank der subtilen, orchestralen Untermalung elegant dahin getragen wird.

„Human. :||: Nature.“ ist ein großes, erfrischend modernes NIGHTWISH-Album geworden. Die „All The Works Of Nature Which Adorn The World“-Suite hat dabei nicht den gleichen Mehrwert wie der erste Teil der Platte, sollte man aber mal gehört haben. Was das übrige Songmaterial angeht, so hat dieses die perfekte Balance aus Symphonik und Metal auf den Leib geschneidert bekommen, die sich erstaunlicherweise selten im Kitsch verliert – an „Harvest“ und „How’s The Heart“ muss man sich halt gewöhnen. Es steckt nach wie vor bis oben hin voller Pathos, aber der Saccharose-Spiegel schießt gar nicht mal so raketenhaft in die Höhe wie Unsereins das sonst bei Symphonic Metal befürchten würde. Und gerade in den zurückhaltenderen, mystischeren Momenten trumpfen die Finnen auf.

Ein Rundum-Sorglos-Paket für Symphonic-Metal-Fans

Von daher ist „Human. :||: Nature.“ ein hervorragendes Album geworden, das von der Suite zwar nicht heruntergezogen wird, das aber auch nichts verloren hätte, wenn sich Holopainen diese Suite für ein separates Werk aufgespart hätte. Es hat definitiv den Anschein, als wollte Holopainen natürlich sich selbst, aber sicher auch die Fans belohnen mit der doppelten Dosis – ein Rundum-Sorglos-Paket quasi für alle Symphonic-Metal-Romantiker da draußen. Man kann von der Suite halten, was man möchte. Gut gemacht ist sie allemal. Man sollte sie mindestens einmal am Stück gehört haben. Und lieber nimmt Unsereins ein gut gemachtes Extra an als ein schlecht Gemachtes – oder schlimmer: ein Leidenschaftsloses. Für die „regulären“ Songs lohnt sich die Anschaffung von „Human. :||: Nature.“ ohnehin allemal.

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18.04.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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27 Kommentare zu Nightwish - Human. :||: Nature.

  1. nili68 sagt:

    So stell‘ ich mir das vor, wenn ’ne KI Sympho-Metal fabrizieren würde. Fast perfekt aber null Charisma oder Leben. Die Sängerin klingt auch wie aus der Retorte. Verrückter Wissenschaftler: „Wir brauchen ’ne perfekte Sängerin für Symphonic Metal.“ *Knöpfe an obskurer Maschine drück’*

    1. Nether sagt:

      Die Beschreibung trifft es ziemlich genau.
      Nur bei der Produktion hat sich die KI verrechnet. Drums viel zu präsent und Gitarren vergessen.

      1. Watutinki sagt:

        Und dazu hat die KI das passende Lyric Video fabriziert. LOL
        Kennt jemand noch die alten Theatre of Tragedy? Oh man war das gut!!

  2. BlindeGardine sagt:

    Eigentlich mag ich ein wenig Disney-„Metal“ von Nightwish ganz gerne. Wenn schon Schmalz, dann wenigstens richtig dick und mit ner bombastischen Produktion. Und mit Zwiebeln natürlich. Das hier lässt mich aber bisher tatsächlich total kalt. Das haben die schon deutlich besser hingekriegt.

    @Watu
    Theatre of Tragedy? Ach komm, die waren doch auch eigentlich schon immer ziemlicher Käse, zumal Liv Kristine den Stimmumfang eines Spatzen mit Bronchitis hat/hatte (ich nehme an du meinst die Besetzung mit Liv Kristine).

    1. BlindeGardine sagt:

      Wenn schon Symphonic-Gedöns aus der Zeit, also Mitte/Ende der 90er, dann doch eher sowas wie Therion.

    2. Watutinki sagt:

      Der starke Kontrast zwischen den Growls und dem Bronchitis Spatz fand ich schon spannend. Dazu großartige Melodien und fette Metalriffs, anstatt diesen Begleitgitarren, die Nightwish da auftischt.

      Aber gut, wenn ToT auch nicht das gelbe vom Ei sein sollten, dann findet wir am Ende immer ein Konsens bei den alten The 3rd and the Mortal. Wer das nicht liebt, dem ist nicht mehr zu helfen! 😛

    3. Nether sagt:

      Rückblickend betrachtet war ToT wirklich komprimierter Kitsch. Ich weiß auch nicht, warum ich die ersten zwei Alben im Schrank habe.

      1. doktor von pain sagt:

        Theatre of Tragedy gehen echt gar nicht. Dann schon lieber NIghtwish, auch wenn ich mir die ebenfalls nicht gezielt anhören würde. Ein paar ihrer alten Alben habe ich zwar im Schrank, doch die habe ich seit zig Jahren nicht hervorgekramt.

      2. Watutinki sagt:

        ToT wurde früher wirklich von allen abgefeiert. Persönlich stehe ich zu dem ganzen alten Zeugs das ich früher gehört habe immer noch zu 100%. Aber gut, das ist jetzt wahrscheinlich keine neue Erkenntnis.

      3. BlindeGardine sagt:

        Hab eben noch mal in die „Velvet Darkness They Fear“ reingehört. Also die fetten Gitarren höre ich beim besten Willen nicht, das klingt alles ziemlich dünn. Und ich finde irgendwie, dass das ganze fürchterlich schlecht gealtert ist. Ich weiß auch noch, dass die damals im Rock Hard, im Metal Hammer und im Sonic Seducer gleichermaßen abgefeiert wurden, aber zu der Zeit war sowas ja ohnehin grad in. Aber will dir das auch nicht schlecht reden, ist einfach meine heutige Wahrnehmung.
        Mein Anspruch an das Symphonic-Zeug ist allerdings auch nicht der fetter Gitarren, denn die sind bei solchen Bands ohnehin mMn nur Beiwerk. Wenn ich sowas höre, dann soll es halt bombastisch und auch ruhig etwas kitschig sein. Das darf gerne etwas von einem Disney-Soundtrack haben und wenn ich wirklich mal Lust auf sowas hab, dann haben Nightwish diesen Anspruch bei mir bis zum aktuellen Album immer gedeckt.
        Wenn ich virtuoses oder hartes Gitarrenspiel hören will geh ich sowieso woanders hin.

      4. Watutinki sagt:

        Persönlich habe ich ToT auch nie als großartig symphonisch empfunden, womit ich vor allem Klassik Bombast assoziiere. Für mich waren ToT damals der Inbegriff des Gothic Metals, die gruftige Atmosphäre kam sehr gut rüber, was Nightwish wiederum komplett abgeht, aber natürlich auch nicht ihr Ansinnen ist.

      5. Dystopya sagt:

        Ich erlag in den 90ern auch dem Gothic Metal. Die ersten beiden Alben von Tot hatte ich zwar, aber unlängst verkauft. Die Aegis hab ich noch. Die gefiel mir, so schmalzig sie auch ist. Angenehm finde ich aber nach wie vor die ersten beiden Alben von Tristania. Gerade Windows Weeds verströmt immer noch eine eigene Atmosphäre. Wie viele Alben der 90er. Aber das ist ein anderes Thema…

      6. Watutinki sagt:

        Aegis war für mich schon ne‘ Enttäuschung, so etwas schmalziges. Das ging ja eigentlich schon eher in die Wave Richtung.
        Das meine ich auch mit fetten Gitarren, einfach Mal die ersten beiden ToT Alben mit Aegis vergleichen.

      7. motley_gue sagt:

        Bei Tristania bin ich auch dabei. Therion auch. Theater of Tragedy ist aber irgendwie meh. Damals ging dieses „Metal-mit-Frauen“-Ding komplett durch die Decke. Was wurde da nur wenige Monate später nach tatsächlichen Pionieralben auch für unfassbarer Dreck veröffentlicht. Napalm-Records hat das dann perfektioniert, eine Unzahl an Bands rausbringen in der Hoffnung, dass irgendetwas mit nachhaltiger Substanz dabei ist.

        Zur neuen Nightwish: ich hab die Band mal wirklich geliebt. Das waren aber alles Alben mit Tarja. Annette war schlicht phurchtpahr. Floor ist auch wieder eine würdige Sängerin. Leider wird das ganze aber zunehmend konstruiert und aufgeblasen, und tangiert mich immer weniger.
        Wow, ein Song darüber, dass alle nur mehr aufs Handy schauen. Wie edgy…

      8. nili68 sagt:

        >auch ruhig etwas kitschig sein<

        Gegen Kitsch habe ich auch nichts oder das sog. Disney-Feeling. Das hier klingt nur so furchtbar steril..

      9. BlindeGardine sagt:

        Ja stimmt auch was das Album hier angeht, nimmt mich wie gesagt bisher auch überhaupt nicht mit.

      10. nili68 sagt:

        >Annette war schlicht phurchtpahr<

        Tatsächlich ist die "Dark Passion Play" mein Lieblingsalbum von Nightwisch und Annette die beste Sängerin (nicht technisch). Bei Tarja fallen mir die Plomben raus und Floor ist einfach nur nichtssagend perfekt.
        Bei diesen Aussagen ist 0 Edginess involviert. Für mich ist das so..

      11. BlindeGardine sagt:

        Diese Sachen mit Tarja kann ich mir heute auch nicht mehr geben, und auch wenn ich die „Dark Passion Play“ ebenfalls mit am liebsten mag, stimmlich ist Floor Jansen aber schon das beste was Nightwish passieren konnte. Leider setzt man es hier nicht wirklich gut ein.

  3. Steppenwolf sagt:

    Hab ich was verpasst? Ihr wisst das es hier um Nightwish geht? XD

    1. BlindeGardine sagt:

      Ist das jetzt wie beim Deaf Forever verbotene Musik über die man nicht reden darf?

    2. nili68 sagt:

      Vor gar nicht allzu langer Zeit war ich auch noch voll Metal Elite (LOL), aber das hat innerhalb kürzester Zeit irgendwie rapide nachgelassen und das hat den Vorteil, dass man mehr Auswahl hat, wenn man sich nicht unterschwellig aufgrund eines unsinnigen Kodexes dagegen wehrt.. 😀

  4. Schraxt sagt:

    Langweiliger geht es nicht mehr. Früher hatte Nightwish was mystisches, episches, romantisches. Dieses Album ist (Anspielung auf einen Songtitel) just Noise. Die Instrumente werden handwerklich gut bedient, aber auch wenn irgendwie Metal-Elemente drinnen sind, verdient dieses Album das Prädikat „Metal“ nicht mehr. Vielleicht war das auch nie so angedacht, und es ist ja auch mehr ein Konzeptalbum, aber trotzdem mit Abstand das schlechteste, was Nightwish jemals veröffentlicht hat.

    3/10
  5. Watutinki sagt:

    „Früher hatte Nightwish was mystisches, episches, romantisches.“

    Kann ich mir gar nicht vorstellen, dass eine Band auf diesem klasse Label, das alles irgendwann vermissen lässt.

  6. nili68 sagt:

    Naja, die Zielgruppe sind halt nicht mehr Metaller, also noch weniger als sonst, trotz gelegentlich „härterer“ Gitarren. Wenn man sonst Schlager oder seichten Pop hört, kann man das schon mystisch, episch und romantisch finden. Ist ja aber auch weder schlimm noch verboten. Die haben ihr (recht großes) Publikum. Aus geschäftlicher Sicht haben NB alles richtig gemacht.

  7. onlythewindremembers sagt:

    „Kann ich mir gar nicht vorstellen, dass eine Band auf diesem klasse Label, das alles irgendwann vermissen lässt.“

    Schon „Once“ kam nicht mehr an die alten Alben heran, obwohl es zwei ihrer größten Hits beinhaltet und das Album wurde noch auf Spinefarm rausgebracht.

  8. Erik Wulf sagt:

    Ist HUMAN:II:NATURE ein schlechtes Album? Nein, auf keinen Fall! Ist es etwas völlig anderes, als das, was wir von Nightwish kennen? Musikalisch gesehen schon, ja. Bekommt der Nightwishfan dennoch seine gewohnte Portion Nightwish? Bedingt.
    Reden wir Klartext. Nightwish und besonders Songwriter Toumas Holopainen bleiben ihrer hohen musikalischen, als auch thematischen und lyrischen Qualität treu. Wir haben also definitiv keinen Qualitätsverlust in diesem Album. Rein musikalisch jedoch, haben wir uns von der Art der Musik nun an einen Punkt begeben, der sehr weit von dem klassischen Nightwish entfernt ist. Nightwish hat seit ihrer Gründung sehr oft mehr oder weniger drastische Änderungen ihrer Musik unternommen, und war eine Band des Wandels. Nicht zuletzt, aufgrund der Sängerinnenwechsel. So liegen von der Art und Weise des Gesangs natürlich Welten zwischen den drei Sängerinnen, die Nightwish im laufer der Zeit hatte (ich meine das nicht qualitativ, sondern einfach vom Stil her). Und auch musikalisch entwickelte sich die Band in regelmäßigen Abständen neu. Und dennoch, so unterschiedlich z.B. die Alben Once und Dark Passion Play sind, und wie viele Fans damals über den Sängerinnenwechsel-bedingten musikalischen Umschwung vom einen Album zum anderen diskutieren, so konnte man nach wie vor (meiner Meinung nach), ohne mit der Wimper zu zucken sagen, dass es sich bei Dark Passion Play eindeutig um Nightwish handelt. Gleiches gilt auch für das darauf folgende Album, Imaginaerum, dass mein absolutes Lieblingsalbum ist. Nach einem weiteren Sängerinnenwechsel folgte dann Endless Forms Most Beautiful. Und dieses Album ist meiner Meinung nach bereits ein ordentlich großer Schritt gewesen, der sich dann doch etwas weit von dem eigentlichen Nightwish entfernt hat. Ob zu weit, muss jeder für sich entscheiden, das Album hat von den Stücken her mit „The Greatest Show On Earth“ definitiv den Höhepunkt der musikalischen Ebene erreicht, dennoch empfinde ich, dass wenn man sich die Alben als ganzes anschaut, der klassische Nightwish Charakter in Endless Forms Most Beautiful etwas verloren gegangen ist. Ich hätte es ehrlich gesagt sehr begrüßt, wenn sich Nightwish mit HUMAN:II:NATURE wieder diesem klassischen Charakter angenähert hätten, welcher sich seit den Tarja-Alben aufgebaut und über die Annette-Alben weiter angehalten hat. Allerdings wird das genaue Gegenteil getan, mit HN entfernt sich Nightwish nun noch weiter von diesem Charakter. HN ist nochmals etwas ganz neues im Vergleich zum Vorgängeralbum, und ich komme nun nach genauem Nachdenken zu dem Schluss, dass es mir als Symphonic/Alternative-Metal-Album zwar gefällt, jedoch als Nightwish-Album leider nicht so, wie ich es gerne hätte. Und dies nicht, weil die Musik schlecht geworden ist, nein, im Gegenteil. Gerade „Shoemaker“, „Music“ oder erstaunlicherweise das wohl am meisten vom klassischen Nightwish abweichende „Harvest“ sagen mir außerordentlich zu, es sind großartige Stücke. Und auch die Symphonie im Nature Part des Albums ist fantastisch. Nur, alles im allen ist es einfach nicht Nightwish, bzw. es ist schon Nightwish, nur hat sich der Charakter verändert, und dies sehr viel stärker, als zwischen den vergangenen Alben. Jetzt, stand Ende 2022 ist es offiziell, dass ein weiteres Album, welches thematisch das Ende einer Trilogie, bestehend aus EFMB, HN und sich selbst, bilden soll, schon „in der Mache“ ist und frühestens Anfang 2024 kommt. Toumas Holopainen kündigte außerdem ein paar Überraschungen für dieses Album an, hat sich dazu aber noch nicht weiter geäußert. Ich hoffe sehr, dass Nightwish mit dem nächsten Album vielleicht wieder etwas mehr zurück zum klassischen Nightwish-Charakter findet, und diesen mit ihrem neuen Stil vermischt. Ich mag die Ideen in HN, und würde sie gerne in Zukunft weiterhin sehen, aber dabei sollte immer eine Verbindung oder bessere Durchmischung mit dem klassischen Nightwish-Charakter bestehen. Denn HN fühlt sich für mich einfach zu anders an.
    Dennoch, zusammengefasst lässt sich sagen, dass Nightwish hier ein gutes Album erschaffen hat, welches auf jedenfall ein paar gute Songs dabei hat, und dem es keinesfalls am künstlerischen Können und Qualität mangelt. Nightwish sind Profis auf ihrem Gebiet, daran besteht kein Zweifel. Die große Schwäche des Albums ist es jedoch, dass sein Gesicht etwas zu anders ist. Der musikalische Charakter ist in meinen Augen einen Schritt zu weit, von der klassischen Nightwish-Route abgewichen. Dennoch bin ich über eine Sache sehr froh. Nightwish haben nach all den schweren Hürden der letzten Zeit (Covid, Marcos Austritt, Floor’s Tumor) viel Freude an ihrer Musik und stehen dahinter. Und solange sie als Musiker mit ihrem Schaffen glücklich und zu Frieden sind, und sie ihre Qualität halten können, bin ich ebenfalls zu Frieden.
    Das Album erhält von mir 6 Punkte. Das nächste Mal bitte wieder etwas mehr Orchester sowie Heavy Metal in den Songs und weniger Synthetische Effekte und vielleicht auch etwas weniger akustische Instrumente (sorry Troy) 🙂

  9. Erik Wulf sagt:

    Doch glatt vergessen das Album auch wirklich zu bewerten. Hier die Wertung. Ausführliche Begründung in meinem vorherigen Beitrag.

    6/10