Nightfall - Macabre Sunsets

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

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Als Griechenland Anfang der Neunziger auf der Metallandkarte auftauchte, waren es drei Bands, die an vorderster Spitze standen und bald als unheilige Dreiheit von sich Reden machten: ROTTING CHRIST, SEPTIC FLESH (jetzt SEPTICFLESH) und NIGHTFALL. Während die ersten beiden Bands heute noch regelmäßig touren und ein Album nach dem nächsten veröffentlichen, sind Letztere heute etwas abgetaucht; damit geht auch ein bisschen unter, dass es gerade NIGHTFALL waren, die mit ihrer ersten Scheibe „Parade Into Centuries“ gleich ein dreifaches Debüt herausbrachten: 1. Erstes Album der Band. 2. Erstes Album des französischen Labels Holy Records. 3. Erstes Album der griechischen Death-Metal-Szene überhaupt.

„Macabre Sunsets“ stellte alles auf den Kopf, wofür das Debüt stand

An dieser Stelle skippen wir aber ein Jahr und ein Album weiter und widmen uns „Macabre Sunsets“, dem Zweitwerk von NIGHTFALL, das Ende 1993 in die Läden kam. Und das stellte mal eben alles auf den Kopf, wofür ihr Debüt stand: Statt doomigem Düstermetall in am ehesten britischer Tradition stand bei „Macabre Sunsets“ erstmals Black Metal auf dem Programm. Jedenfalls teilweise. Anstatt also eine Ode an die Langsamkeit und Epik zu zelebrieren, wüteten sich die vier Athener immer wieder durch die Songs, dass es eine wahre Freude ist.

Oder auch nicht. Denn schon standen Kritiker auf dem Plan, die der Band Anbiederei vorwarfen, denn schließlich wurden im fernen Norwegen die ersten Black-Metal-Bands gesichtet, deren Markenzeichen eben zügellose Raserei war. Wenn Frontmann Efthimis Karadimas auf der folgenden Seite aber die Zeit von damals reflektiert, betont er, dass es eben das war, was die jungen Musiker fühlten. Und das ist gewiss nicht von der Hand zu weisen: Selbst wenn man von etwas beeinflusst ist – ob bewusst oder unbewusst – heißt das ja noch nicht, dass es nicht echt ist.

Und selbst wenn man etwas anders macht, heißt das ja nicht, dass man nun auf einen Trend aufspringt. Bei „Macabre Sunsets“ spürt man jedenfalls auch heute noch sehr gut, wie die Band versuchte, ihre Stimmungen durch die Musik zu kanalisieren. Da schimmert halt gleichzeitig Wut auf „die anderen“ durch, aber da gibt es eben auch diese pompösen, epischen und poetischen Momente.

Teils auf Angriff getrimmt, teils episch und pompös

Der Opener „Odious“ ist da ein gutes Beispiel: Eigentlich ganz auf Angriff getrimmt, schaffen es NIGHTFALL auch hier, epische Melodien unterzubringen. „Precious – All My Love Is Lost“ und „As Your God Is Failing Once Again“ starten wesentlich langsamer, um dann aber doch irgendwann bei Blastbeats zu landen. Im Sound überwiegen jedoch die jubilierenden Keyboards bzw. die epischen Harmonien von bis zu drei Gitarren. Ähnliche Zutaten prägen auch die weiteren Songs – der Titeltrack einmal ausgenommen, da er lediglich auf dem Keyboard eingespielt ist – wobei mal die Raserei oder die doomigen Parts im Mittelpunkt stehen. Das lange „Enormous – The Anthem Of Death“ zeigt zudem sehr schön, welchen Wert die Band auf das Zusammenwirken von Bass und Gitarren legte. Und dass Lead-Gitarrist Mike Galiatsos ein Meister seines Faches war und ist, beweist er ebenfalls hier.

Die Songs stimmen also, und das Album klingt auch heute noch eigenständig. Wenn es einen Schwachpunkt hat, dann ist es der Sound. Man kann natürlich anführen, dass „Macabre Sunsets“ nicht besonders gut gealtert sei, aber die Problematik war bereits damals bekannt: Der klinische Schlagzeugsound war auch damals schon nicht Stand der Kunst, und das Zusammenwirken der Gitarren klingt teilweise etwas chaotisch. Von den Pitch-Shifter-Experimenten beim Gesang mal ganz zu schweigen. In den Ausführungen von Efthimis Karadimas auf der folgenden Seite spielt dieser Punkt denn auch eine zentrale Rolle. Aber letztlich muss man das mitkaufen, bekommt dafür aber einen authentischen Eindruck vom Seelenleben des griechischen Musikernachwuchses Anfang bis Mitte der Neunziger.

NIGHTFALL waren offen für Experimente (und wählten dann doch erstmal den sicheren Weg)

Dass die Entwicklung damit noch lange nicht abgeschlossen war, zeigen die darauf folgenden Veröffentlichungen von NIGHTFALL: Das 1995 erschienene „Athenian Echoes“ enthielt die vielleicht reiferen und kompletteren Songs, wobei auch hier noch zahlreiche Experimente das Gesamtbild prägten. Für das anschließende Album „Lesbian Show“ gingen die Griechen aber endgültig auf Nummer sicher und spielten die Musik kurzerhand in den Tico-Tico-Studios in Finnland ein – das war soundtechnisch sicherlich ein richtiger Schritt, aber eben auch ein Schritt weg von Wagnis und Eigenständigkeit, und dafür steht „Macabre Sunsets“ auch heute noch.

Auf der folgenden Seite erinnert sich Bandleader Efthimis Karadimas an die Entstehung von „Macabre Sunsets“.

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02.10.2019

- Dreaming in Red -

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