NICUMO liefern den Soundtrack zum Leiden
Ihr wollt Wehklage, flehende Gitarren und düsteren Charme? NICUMO liefern mit ihrem dritten Album “Inertia“ womöglich die besten Voraussetzungen, um euer Bedürfnis nach Melancholie zu befriedigen. Die Finnen um Sänger Hannu Karppinen bezeichnen ihren Stil passenderweise als Melancholic Metal, der wohl irgendwo zwischen HIM und POISONBLACK, mit gelegentlichem Abschweifen in Richtung GHOST BRIGADE einzuordnen ist.
Trotz einheitlich melancholischem Stil liefern NICUMO mit “Inertia“ ein Album ab, das keineswegs langweilig wirkt, sondern nahezu durchgängig aufmerken lässt. Während “Same Blood“ mit Saxophon und sich stetig steigernder Dramatik spielt, liefert das nachfolgende “Witch Hunt“ einen kernigen und kraftvollen Kontrast. Dieser Song wird aufgrund seines packenden Grooves und eingängigen Refrains wohl recht schnell zum Fanliebling avancieren, wenn er das durch den 2018er vorab-Release als Single nicht ohnehin schon ist. Auch innerhalb eines Liedes lenken NICUMO ihren Grundsound in verschiedene Richtungen, sodass “Tree Of Life“ mit seinem dramatischen Refrain, seinem nahezu filmischen Aufbau und der spürbar wabernden Melancholie das bisherige Album sogar noch übertrifft.
Es geht um Atmosphäre!
Hannu Karppinen stellt sich während des Hörens als durchweg überzeugender Sänger dar. Mit einem stets authentischen Gefühl in der Stimme leidet er gekonnt, sowohl während den cleanen als auch den gutturalen Parts. Wut und Verzweiflung, Trauer und Lethargie – hier wird mit der kompletten Farbpalette düsterer Emotionen ein ausdrucksstarkes Kunstwerk gemalt. Lyrisch wird das ganze gleichfalls elegant umgesetzt. Bedrückende persönliche wie gesamtgesellschaftlich relevante Themen rechtfertigen den dunklen Gesamtsound. Zum wohligen Baden in gepflegter Düsternis eignet sich “Inertia“ demnach ebenso sehr wie zur Reflexion über die Gefühle von Welt und Individuum.
NICUMO vereinen leidvolle Melodien mit schweren Gitarrenwänden, während die Gothic-Klischekiste glücklicherweise nur selten durchwühlt wird. Alles gipfelt im finalen Stück “Black Wolf“, der die gesamte emotionale und musikalische Bandbreite der Finnen auffächert. Vom schüchtern vorgetragen Beginn über den energiegeladenen Befreiungsschlag, bei dem es düstermetallisch eines auf die Zwölf gibt, bis hin zum Abklang, in welchem der Song im eigenen Sound verschwimmt. Für Freunde härterer Klänge mag “Inertia“ stellenweise zu soft sein – wer allerdings mehr Wert auf die passende Atmosphäre legt, ist mit NICUMO bestens bedient.
Time won’t Heal gefällt mir deutlich besser als Witch Hunt. Sind beide Songs von einem Album? Die Produktion klingt irgendwie recht unterscheidlich.
Und wenn man das Video zu Time won’t Heal sieht >shame on you<, weiß man, weshalb die Band beim anderen Videos rein auf Lyrics gesetzt haben.