Neverlight Horizon - No Heaven... Only Torment

Review

NEVERLIGHT HORIZONs größte Fähigkeit – ich sage hier bewusst nicht Stärke – ist Erinnern: das Cover etwa erinnert an CHILDREN OF BODOM. Schon macht sich Furcht breit, ein weiterer Klon von Alexi Laiho und seinen Mannen habe sich in meinen CD-Player verirrt; ein Klon, der das Niveau des Vorbildes alleine des technischen Anspruches wegen nicht wird halten können. Ich muss zugeben, just an der Stelle, als dann die ersten Töne von „No Heaven… Only Torment“ ertönten, haben NEVERLIGHT HORIZON mich tatsächlich überrascht: Statt CHILDREN OF BODOM gibt es US Death Metal der brachialen Sorte. So viel zu den Überraschungen der Platte; die erste ist zugleich die einzige: weitere Überraschungsmomente bieten die Lieder in ihrem absolut vorhersehbaren Gleichklang leider nicht.

Man sagt, man dürfe sich von einem Ersteindruck nicht leiten lassen, da dieser kaum bestätigt werde; erfrischend anders sind hier NEVERLIGHT HORIZON: der Ersteindruck alleine reicht im Grunde, um die ganze Platte zu bewerten, da sich innerhalb der neun Songs eh kaum etwas ändert. Gut, ich muss zugeben, das ist leicht polemisch und überzogen. Eine nette Hyperbel, die in Wahrheit aber beschönigend ist. Für den Ersteindruck alleine gäbe es in der schlussendlichen Wertung noch einen Punkt mehr: die 35minüte Eintönigkeit der Platte ist auf vier Minuten (den ersten Song also) nämlich nicht ganz so gähnend langweilig wie auf der Länge des gesamten Albums. Der Mensch an sich – Ausnahmen bestätigen hier die Regel – liebt Dinge von Bestand; was lange währt, scheint gut. Bei Musik ist das bedingt auch der Fall: konstant hohe Qualität zum Beispiel ist etwas von Bestand, das Anklang findet. Gleichfalls bedeutet das in der Musik allerdings oftmals, eine gewisse Beständigkeit zu verwerfen: Überraschung lautet die Devise. Arglistig scheint da der, der verkündet, dass die Überraschung an „No Heaven… Only Torment“ ist, dass es keine Überraschung gibt. Schon nach den ersten zwei Songs ist klar, dass es nur einen möglichen Verlauf des Albums geben kann: diesen. Da nun die belgischen Deathmetaller so schön beständig ideenlos vor sich hinprügeln, will ich ihnen in nichts nachstehen, und auch etwas lange währendes bieten. Greifen wir also die Einleitung wieder auf: Erinnerung. DYING FETUS, SUFFOCATION, MORBID ANGEL, CANNIBAL CORPSE, an den Stil dieser Bands erinnern NEVERLIGHT HORIZON. Man braucht nicht sehr böswillig zu sein, um die These aufzustellen: Einen eigenen Stil, den besitzen die Belgier überhaupt nicht. Nach über 30 Minuten Musiksnackkonsum wird dann klar, was schon nach den ersten Minuten zu wissen gewesen wäre: dass „No Heaven… Only Torment“ die ganze Zeit über gleichbleibend belanglos ist.

Um nicht zu zynisch zu werden – schließlich schreibe ich als Rezensent für metal.de, nicht als Satiriker für Titanic – seien abschließend noch ein paar möglichst neutrale Fakten zu der Musik genannt: Ein ewig gleichklingendes Schlagzeug drescht sich ohne Anspruch oder Abwechslung durch die Songs und verliert durch eine miese Produktion, die im Jahr 2007 definitiv nicht mehr sein muss, auch noch den letzten Rest der eh nur marginal vorhandenen Eier. Gut, ich übertreibe schon wieder; ab und an verliert das Drumming in den monotonen Blast- und Doublebaseknüppelparts den roten Faden und die Struktur, vielleicht ist das, auch wenn es nicht gewollt klingt, NEVERLIGHT HORIZONs Form von Abwechslung. Der Gesang bietet kaum mehr als das Schlagzeug; Variation in der Stimme scheint es bei den Belgiern nicht zu brauchen. Höhepunkt der Platte sollen wohl die Gitarren sein; manchmal kommen sie tatsächlich in musikalische Gefilde, die sich als treibend bezeichnen lassen. Traurig nur, dass die Form ewigen Staccatoriffings gemixt mit einigen dissonant anmutenden Melodieläufen nicht neu ist; in weit stärkerer Form kennt man sie schon von den Vorbildern der Band. Das Problem ist hierbei allerdings genau so offensichtlich wie „No Heaven… Only Torment“ überflüssig: ein solches Niveau erreicht die belgische Kombo nicht – das wird sie auch in Jahren nicht tun. Was man der Platte hoch anrechnen kann, ist die relativ kurze Spielzeit; weitere 30 Minuten hätten das Album zu der perfekten Schlafpille transformiert. Langeweile in hoher Dosis bieten NEVERLIGHT HORIZON allerdings auch auf den 35 Minuten Gedresche. Zum Schluss kommt mir noch ein schönes Zitat einer jüngst gelesenen Buchkritik in den Kopf: „[…] wenn ihr von einem Buch vor allem den Schluss wissen wollt, dann kauft euch lieber einen Krimi von Agatha Christie“. Gut, dass die Belgier keine Autoren sind.

05.08.2007
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