Nether - Between Shades And Shadows

Review

Jüngst im vergangenen Jahr gegründet, folgte nun Ende Oktober 2020 das Debütalbum der belgischen Schwarzmetaller NETHER. Sowohl dem mit „Between Shades And Shadows“ betitelten Erstlingswerk, als auch dem Projekt selbst liegt das Konzept der Verwurzelung in der Erde und die Suche nach dem inneren, bisweilen düsteren Kern eines jeden Individuums zugrunde. Und genau diese Rückberufung auf das Ursprüngliche macht sich auch als treibende Kraft im Gesamtsound des Quartetts bemerkbar.

„Between Shades And Shadows“ – Die Suche nach dem finsteren Ursprung

NETHER machen von der ersten Sekunde an ohne Umschweife klar, welcher Stilistik man sich auf „Between Shades And Shadows“ verschrieben hat. Geboten wird pechschwarzer Metal, rasend schnell und mit robustem Fundament aus einem schier niemals endenden Sperrfeuer an den Drums und gleichermaßen harsch und melodisch anmutendem Riffing. Der Opener „The Hand Of The Unspoken“ geht dabei sogar noch roher zu Werke als ein Großteil des darauf folgenden Materials und könnte glatt als ein Stück der Franzosen ANTAEUS durchgehen. NETHER setzen über die nahezu gesamte Spielzeit ihres Debüts auf enormes Tempo und lassen die Doublebass selbst in den wenigen, oft nur wenige Sekunden andauernden Verschnaufpausen fleißig weiter den Takt angeben. Das Drumming erweist sich als Dreh- und Angelpunkt des musikalischen Schaffens der Belgier, ganz in der Tradition ihrer Landsleute ENTHRONED könnte man meinen. Doch durch das melodische Vorgehen der Saitenfraktion schafft es das Quartett, sich zumindest ein Stück weit von den großen Vorbildern loszusagen.

Songs wie das durch seine martialischen Lyrics und den Wechsel aus schneidenden Screams und finsteren Growls an NEGATOR erinnernde „To The Shores“ oder das sehr melodische „The Blood Is Gone“ muten beinahe wie Hybride aus finnischem und schwedischem Black Metal an. Der das Album abschließende Song „So All Adore Me“ steht exemplarisch für die gelungene Fusion der verschiedenen Spielarten und kristallisiert sich mit jedem weiteren Durchlauf mehr und mehr als eines der Highlights auf „Between Shades And Shadows“ heraus.

NETHER – Starker Einstand mit Abstrichen

Während es am Songwriting der meisten Nummern von NETHER recht wenig auszusetzen gibt, hat sich mit „Abandon“ leider auch ein Song eingeschlichen, der mit dem sonstigen Schaffen auf „Between Shades And Shadows“ nicht mithalten kann. Ein roter Faden lässt sich in den gut vier Minuten kaum erkennen und das Lied mäandert weitestgehend ziel- und kopflos zwischen den Ideen umher, fühlt sich streckenweise gar wie zusammengewürfeltes Stückwerk an. Auch schaffen es die Belgier aufgrund des doch recht eng geschnürten musikalischen Korsetts nicht gänzlich, den Spannungsbogen durchweg aufrecht zu erhalten. In der zweiten Hälfte machen sich erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar und es lässt sich nur schwerlich von der Hand weisen, dass das auf „Between Shades And Shadows“ dargebotene Liedgut trotz aller Bemühungen um Eigenständigkeit zu oft an stilverwandte Genrekollegen erinnert.

Diesen Wermutstropfen zum Trotze, lässt sich für den Auftakt von NETHER dennoch eine Hörempfehlung an all Jene ausrichten, die ihr Spätjahr nicht nur melancholisch und verträumt präferieren, sondern sich anstelle dessen gerne von wütend rasendem Black Metal die Herbstblätter vom Frack pusten lassen wollen. „Between Shades And Shadows“ könnte dafür genau das Richtige sein.

23.11.2020
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