Nero Di Marte - Derivae

Review

Ihre Death-Metal-Vergangenheit haben sie mit dem Namenswechsel zu NERO DI MARTE weitgehend abgelegt, und davon zeugte bereits ihr Debütalbum unter dem neuen Namen, das letzten März erschien. Der Nachfolger „Derivae“ knüpft nahtlos daran an: Das ist ein extremes und schwer verdauliches Stück Musik, eine knappe Stunde vertonte Verzweiflung, verpackt in progressive und post-rockige Songstrukturen.

Da gibt es hochvertracktes, bisweilen tribales Drumming, das in den Ohren eines Nichtmusikers gleichzeitig fließend und absolut kaputt wirkt. Da gibt es gezupfte Gitarren, offene Akkorde, aber keine anheimelnden Melodien. Da gibt es in gequälten oder verhallten und wispernden Gesang verpackte existenzielle Botschaften. Lässt man sich auf die Musik ein, ist die Wirkung von „Derivae“ jedenfalls teilweise niederschmetternd – als Hörer fühlt man sich dann wie ein Stück Holz, das einen Gebirgsbach hinuntertreibt und dabei ständig an Steinen anstößt und unkontrolliert seine Richtung ändert. Man fühlt sich selbst als Teil eines größeren Zusammenhangs und unfähig gegenzusteuern.

„Teilweise“, „dann“ – soll heißen: „Derivae“ entfaltet nicht über die gesamte Strecke diese Wirkung. Der Eröffnungszweiklang „L’Éclisse“ und „Clouded Allure“ selbst ist überwältigend und mitreißend; NERO DI MARTE schaffen es dabei, immer neue Akzente zu setzen und den Songs neue Schübe zu versetzen, bevor die Spannungskurve abfallen könnte. Das gelingt allerdings nicht durchgehend: Irgendwann erwacht man als Hörer aus dieser selbstgewählten Schockstarre und fragt sich, ob die Songs doch nochmal eine neue Richtung nehmen werden. So gesehen ist „Derivae“ halt ein sperriges Album voller dissonanter Melodien und kaputter Rhythmen und darin ein wenig eintönig.

Musikmathematiker werden die Sache gewiss anders sehen und in den Songstrukturen immer wieder variierte Riffs und Melodien erkennen – und am Können der vier Musiker von NERO DI MARTE zweifelt auch niemand ernsthaft. Nur sollte man beide Sichtweisen im Hinterkopf behalten, wenn man sich „Derivae“ zu Gemüte führt.

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11.11.2014

- Dreaming in Red -

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