„Herbstzeitlos“ ist das erste Lebenszeichen der jungen Sachsen von NEPHILIM, die allem Anschein nach eine tiefsinnige musikalische Aufarbeitung menschlicher Grundfragen zum Inhalt ihres Schaffens gemacht haben. Da ist das kitschtriefende Engelchen-Cover doch gleich ein richtiger Volltreffer, würde ich mal sagen. Aber lassen wir das Cover und sonstige Äußerlichkeiten außen vor, denn NEPHILIM bieten noch so einiges mehr, vor dem ich potenzielle Hörer warnen sollte.
Ich kann es mir jedoch einfach nicht verkneifen, zuerst noch ein paar Worte über die Lyrics zu verlieren, die mir so manchen herzhaften Lachkrampf beschert haben und auf keiner Konfirmations- oder Geburtstagskarte zu Omis 60. Geburtstag in besserer Form zu finden wären. Zeilen wie „Würdige dein Lebenswerk, solange es noch geht/ halt das Leben lebenswert, weil es zu schnell vergeht“ sind nur eine kleine Kostprobe dieser wortgewaltigen Poesie, die in scharfsinnigen Vergleichen gipfelt, wie beispielsweise „Das Blut schießt mir ins Gehirn/ wie ein heller Blitz hinter meiner Stirn“. Da kann man nur hoffen, dass zumindest die Musik der Sachsen von einer anderen Muse stammt, doch leider Gottes ist dem nicht so. So darf sich der arme Hörer von diarrhoe-induzierendem Drehorgelgesülze aus dem Kinderkeyboard und halbgaren Dudelgitarren, die zuweilen in ein stupides Hack-Hack-Hack-Schema umschlagen, einkleistern lassen. Das Schlagzeug klingt wie aus der billigsten Konserve und es kostet mich Mühe zu glauben, dass hier ein Mensch aus Fleisch und Blut am Werk gewesen sein soll. Da klingt das zarte Stimmlein der Frontfrau, süßlich wie ein billiger Faber-Sekt, doch fast schon angenehm. So tief, wie hier in die Schmier- und Schmalzkiste gegriffen wird und dabei noch so dilettantisch musiziert wird, wäre etwas Bescheidenheit zumindest das letzte, das man erwarten könnte. Doch wie um dieser Tortur noch einen absurden Anstrich zu verleihen, danken NEPHILIM im Booklet auch noch Bach, Beethoven und anderen Altehrwürdigen, die nicht mit Namen genannt werden, als Inspiratoren. Wer darüber noch irgendwie Lächeln kann, muss wirklich einen stoischen Gleichmut erlangt haben. Mir bleibt da nur das Kopfschütteln als letzte Ausflucht.
Ich frage mich, was NEPHILIM wohl gerne sein wollen. Es fehlt hier ganz offensichtlich an rudimentärem ästhetischem Empfinden und einem Gespür für Ohrwürmer, die sich durch etwas anderes als ihren haarsträubenden Kitsch auszeichnen. Wie wäre es mit der Bezeichnung „Disney-Metal“? Ich las einmal davon im Netz, in Zusammenhang mit dem Debüt von ALCEST, finde jedoch, dass es auf NEPHILIM hervorragend zutrifft, wohingegen es bei ALCEST fehl am Platz ist. Lustige, bunte Burgen, Sahnehäubchen, Mickey-Mäuse… Da frage ich mich nur noch, ob dieses Klimpergekleister denn auch kindgerecht ist.
Da klickt man begierieg auf das Review, in der irrigen Hoffnung, irgendwas Neues von McCoy & Konsorten vorzufinden – und dann DAS: Schmalzmist für Natreen-süße Gothicmädchen. Buärrrgh!