Neonfly - Strangers In Paradise

Review

Galerie mit 17 Bildern: Neonfly - Magnum - On The 13th Day Tour - 2012

„Strangers in Paradise“, das zweite Album der Briten NEONFLY, ist mal ein Gerät. Denn ganz ohne vorherigen Drogenkonsum konstatiere ich: So ungefähr müsste eine frisch imprägnierte und parfümierte weiße Ledercouch klingen, wäre sie ein Rock-Album. Obwohl. Leder ist noch zu animalisch. Eher vielleicht ein blankgewienertes Marmorbad (mit güldenen Armaturen und kleinen Stuck-Engeln an der Decke). Also schon irgendwie edel, aber mit voller Absicht aseptisch und kitschig bis zum Anschlag.

Wie schaffen die NEONFLY-Jungs das? Indem sie sich selbstbewusst mit offenem Rüschenhemd und Federn auf den Schultern zwischen die glänzenden Stühle mit den verschnörkelten Inschriften „AOR“ und „überkandidelter Kitsch-Power-Metal“ und mit offenen Armen alles auf die Karte Melodie setzen. Wobei der AOR schon deutlich die zweite (Konserven-)Geige spielt. Das hätte fulminant in die Hose gehen können – zu viel Süßes kann halt leicht durchschlagenden Erfolg haben. Und das ist dann auch auf dem Marmorklo kein Spaß.

Aber das passiert bei „Strangers in Paradise“ nicht. Trotz Keyboard-Kleister („Heart Of The Sun“ et al.), Pathos-Refrains in JEDEM Song und Engelsflügeln überall in den Lyrics und auf den Band-Pics. Denn NEONFLY gehen die Sache hörbar enthusiastisch an, können spielen, die Gitarren sind auch in der dick auftragenden Produktion als solche zu erkennen und Sänger Willy Norton hat eine typisch melodische, aber keine pseudo-falsettierend kraftlose Stimme. DRAGONFORCE beim Versuch, eine etwas straightere AOR-Combo zu werden, könnten so klingen. Das klingt jedenfalls cooler, als hier STRATOVARIUS oder SONATA ARCTICA in den Raum schweben zu lassen.

Aber erneut: Das muss man schon wollen. Mich persönlich zieht es jedenfalls nach drei Durchgängen ganz verhängnisvoll zum verranzten Pissoir des Kellerclubs um die Ecke. Mit anderen Worten: Wenn ich mir jetzt nicht gleich einen Doppelten BULLET oder so genehmige, dann verwandle ich mich in einen goldenen Wasserspeier und sehne mich in einer Tour nach der nächsten Politur. Bis in alle Ewigkeit.

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26.11.2014

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