Kleine Lockerungsübung: Hand hoch, liebe Leserschaft, wer den schweren und melancholischen Sound von TYPE O NEGATIVE vermisst. Knapp eineinhalb Jahrzehnte ist es mittlerweile her, dass die legendäre Formation nach dem viel zu frühen Tod von Frontmann Peter Steele ihre Auflösung verkünden musste. Aber: Mit NEON NIGHTMARE gibt es nun einen Hoffnungsschimmer am Horizont, der den Verlustschmerz zumindest etwas lindern könnte.
NEON NIGHTMARE mögen es Slow, Deep And Hard
NEON NIGHTMARE macht dabei überhaupt keinen Hehl aus der Verehrung der Band aus Brooklyn, NY, und insbesondere deren Alben OCTOBER RUST und WORLD COMING DOWN. Soundbild, Artwork und Gesang sind so eng an TYPE O NEGATIVE angelehnt, dass da (fast) kein Blatt Papier mehr zwischen passt: Viel Bass, viel Keyboard, viel Schwermut. Offenkundig ist dabei, dass NEON NIGHTMARE über ein ordentliches Maß an Erfahrung und Expertise in der Erschaffung von massigen Klängen verfügen: Zwar läuft „Faded Dream“ als Debüt-Album, aber der namentlich (bislang) mysteriöse und nur maskiert hervortretende Mastermind hinter dem Projekt bringt ein gerütteltes Maß an Expertise an der fachkundigen Bedienung der Instrumente mit, die es erlaubt, den Sound sehr gekonnt nachzustellen.
Dass neben dem Sound aber auch das Songwriting von TYPE O NEGATIVE gut getroffen wurde, zeugt von musikalischer Erfahrung und Analysefähigkeit von NEON NIGHTMARE. Die Klangwelt von TYPE O NEGATIVE umfasst ja bereits Elemente des traditionellen Doom-Metal, Einflüsse aus Hardcore und Thrash, von PINK FLOYD bis BLACK SABBATH: Eine wahre Wundertüte an wuchtigen und wehmütigen Klängen also, die aber stilistisch allesamt dem kreativen Geist hinter NEON NIGHTMARE ganz gut zu liegen scheinen.
Und dennoch ist „Faded Dream“ mehr als ein bloßes Abziehbild der Drab Four, auch wenn die vorab veröffentlichten Singles „Lost Silver“ und „She’s Drowning“ eine andere Vermutung durchaus nahelegen. So sind die Songs, die bei TYPE O NEGATIVE ja gern mal deutlich jenseits Zehn-Minuten-Marke gelandet sind, grundsätzlich straffer arrangiert und die Instrumentierung direkter – vom abschließenden Highlight „Promethean Gift“ einmal abgesehen, dass hierbei eine kleine Ausnahme dieser Regel darstellt. Die ansonsten ausladenden, offenen Arrangements von TYPE O NEGATIVE mit viel Platz für die markant-rollende Stimme von Fronter Steele und die typischen Keyboards von Josh Silver, kommen auf „Faded Dream“ flotter auf den Punkt.
Ein bisschen Nostalgie gefällig? Gibt es bei „Faded Dream“ in blau, nicht in grün
Denn so wie uns ATTIC, TRIUMPHER und GROZA auch regelmäßig mit Sounds verwöhnen, die sich zwar ebenfalls an konkrete Vorbilder anlehnen, diese aber auch erweitern und auffrischen, so bringt auch NEON NIGHTMARE seinen eigenen Charakter mit. Obwohl die Stimmlage hart an den bekannten TYPE O NEGATIVE-Sound angelehnt ist, erreichen NEON NIGHTMARE nicht die grollende Bandbreite eines Steel’schen Gesangs und die Tiefe seines Basses, die eingesetzten Keyboards nicht die düsteren Sphären und auch das Songwriting nicht den schwermütige Entrücktheit von OCTOBER RUST. NEON NIGHTMARE sind etwas weniger schwarzer Sog, dafür etwas mehr Heavy Metal. Somit gehen auch abseits der nachgezeichneten, bekannten Soundmuster die sechs Tracks (den ganz in der Tradition von TYPE O NEGATIVE enervierend gehaltenen Opener mal ausgenommen) als eingängige und kurzweilige, doomige und düstere Very-Heavy-Gothic-Rock-Songs mit Einfluss von DANZIG über die RAMONES bis TIAMAT durch.
Wer also den Sound von TYPE O NEGATIVE vermisst und sich entspannt einem Album hingegeben möchte, das charmant und ziemlich plakativ in die Mitte der 1990er-Jahre zurückversetzt, der sollte NEON NIGHTMARE auflegen. Diese Veröffentlichung passt mit ihrem Trip-Down-The-Memory-Lane-Charakter wunderbar in die anstehende Herbst-Zeit. Und wer sich beim Anhören von „Faded Dream“ öfter mal bei einem verträumten Lächeln inmitten einer kleinen Zeitreise ertappt, der ist mit Sicherheit nicht allein – und hat womöglich immer noch die eingangs erwähnte Hand in der Luft.
Gefällt mir als Fan von Type O Negative sehr gut. Klar, das hier ist eine Kopie – aber gut geklaut ist besser als schlecht selbst gemacht.
Zweite Spielwiese von October Noir oder gar doch AI?
Man darf gespannt sein!
Faszinierend, wie sehr das doch nach Type O Negative klingt!
Bin kein riesiger Fan der Band und kenne deshalb auch nicht alles von denen. Von daher hätte man mir das hier glatt als Type O verkaufen können, wenn ich es nur so nebenbei gehört hätte.
Die zwei bisherigen Songs taugen etwas und lullen sofort in Nostalgie ein.
Bin gespannt auf das komplette Album!
Meine Güte, was für eine Huldigung!
#takemymoney
Starkes Album. Die beiden Singles sind jetzt schon enorme Ohrwürmer, aber auch der Rest überzeugt. Lediglich „It’s All Over (For You)“ kann mich nicht so erreichen. Es ist nach wie vor begeisternd, wie sehr das alles doch nach Type O klingt, aber es gefällt mir gut, dass die Songs überwiegend etwas kompakter gehalten sind. Das besitzt sowohl schwermütige Klänge, wie auch rockige und passt perfekt zur jetzigen Jahreszeit!
Danke an doktor von pain, denn ohne sein Kommentar wäre mir das im Moment wahrscheinlich durch die Lappen gegangen.
Geiles Teil! Der Gesang hat mich doch zu stark an Nate Garret von Spirit Adrift erinnert und siehe da, youtube hat es bestätigt und nehme an, die Gitarren stammen ebenfalls aus seiner Feder. Was für ein talentierter Typ..
Ja, gut das hier kommentiert wurde, da wäre mir sonst ein Glanzstück entgangen!