Ich muss ja zugeben, dass ich bei Black Metal, der a) aus deutschen Gefilden stammt, und erst Recht b) mit deutschen Texten aufwartet, für gewöhnlich die schlimmsten Befürchtungen habe: Leider ist der Prozentsatz an Vergewaltigern der deutschen Sprache gerade im Schwarzmetall erschreckend hoch, wie ich in der Vergangenheit immer wieder feststellen musste. Glücklicherweise gehören die Sachsen von NEMESIS SOPOR nicht zu den Letztgenannten. Statt platter und sowohl sprachlich als auch bildlich wackliger Liedtexte gibt es über weite Strecken gelungenes Material, das mich an Größen des deutschen Expressionismus wie zum Beispiel Georg Trakl oder auch August Stramm erinnert. Da ist es auch nicht so schlimm, dass das hohe Niveau nicht durchgehend gehalten werden kann – die Texte sind von wohltuender Qualität und zeigen eine ambitionierte junge Band, die nach ihrem Debut „Wurzelloser Geist“ und einer Split mit DRENGSKAPUR nun ihre zweite Veröffentlichung in voller Länge vorlegt.
Leider kann ich das Attribut „wohltuend“ nur bedingt auf die Qualität der Musik anwenden. Im Grunde macht der Fünfer aus Dresden in den sieben Stücken Vieles richtig – souverän bewegt man sich im Midtempo-Black-Metal, kann einige DSBM-Einsprengsel nicht verleugnen und geht insgesamt auch technisch souverän mit der Materie um. Wäre da nicht der eine oder andere Haken, der der musikalischen Materie selbst innewohnt: So haben sich (meines Erachtens nicht zuletzt aufgrund der depressiven Schlagseite) einige Längen eingeschlichen, die über das hör- und vor allem spürbare Ziel, Atmosphäre aufzubauen, hinausschießen – zu ausladend ist so manche Passage, zu undynamisch wird die eine oder andere Idee ausgebreitet.
Dem gegenüber stehen einige sehr gelungene akustische(re) Passagen, das hin und wieder prägnante Bassspiel F.N.s, das aus der reinen Begleiter-Rolle heraustritt, sowie das deutlich vorhandene Gespür für atmosphärische Motive. Nein, „Glas“ sollte definitiv nicht im viel zu präsenten deutschen Black-Metal-Einerlei untergehen – der knappen Stunde epischen Schwarzmetalls reicht es auf der anderen Seite aber auch noch nicht zum uneingeschränkten Prädikat „wertvoll“. Nichtsdestoweniger habe ich das gute Gefühl, dass man von NEMESIS SOPOR noch viel Positives hören wird – das Potential ist da, die Ambitionen sind da, nun gilt es, diese Dinge weiter auszubauen und zu verfeinern. Weiter so!
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