Mit „Utopia 2.0“ liefern NECROTTED, von der Schwäbischen Post liebevoll als „Ostalb-Band“ betitelt, ihre dritte Veröffentlichung. Doch der durch diese Bezeichnung niedlich anmutende Schein trügt: Zwar konnte man bei eben diesem Namensgeber von der sogenannten „Glücksfee“ eine der neuen Scheiben gewinnen, aber ich frage mich, ob die Jugendredaktion sich das Ding auch tatsächlich mal angehört hat. Vermutlich nicht, denn sonst hätten sie den Text zur Gewinnauslosung vielleicht passender verpackt, denn hier gibt es unniedlicher- und unpassenderweise ordentliche und unzensierte Zerstörung, die der „Glücksfee“ doch eher Angst einjagen dürfte.
Aber um wieder auf den Punkt zu kommen, bezeichnen wir den neuen Ost-Alb-Auswurf einfach mal als „Death-Metal-Glücksbringer“, d.h. Death Metal, der auf brutale und Deathcore-technische Art glücklich macht. Wurde beim Vorgänger „Anchors Apart“ noch bemängelt, dass der ganz eigene Stil fehlt oder nur schwer zu erkennen ist, zeigt sich „Utopia 2.0“ aus einem Guss und mit wesentlich besserem Wiedererkennungswert. Auch die Produktion klingt professioneller, auch wenn man sich an der Büchse in kurzen Momenten etwas mehr (nicht getriggerten) Wumms wünschen könnte. Vergleiche zu HACKNEYED sind trotz der Brüder Fink jedoch von der Hand zu weisen, ist doch die Art und der Grundtonus von NECROTTED meiner Meinung nach eine gänzlich andere.
Die durch die leicht furchteinflößenden Samples erzeugte Stimmung wird das gesamte Album über gut gehalten, und es finden sich nur wenige Stellen, an denen der Spannungsbogen etwas nachlässt. Stimmlich hat man aufgerüstet, und technisch klingt „Utopia 2.0“ reifer und ausgeklügelter, aber an der einen oder anderen Stelle wünscht man sich irgendwie mehr. Zwar nicht mehr Bösartigkeit und auch nicht mehr Tempo – aber mehr Fülle in der manchmal „leer“ anmutenden Soundlandschaft und nicht zuletzt etwas mehr Abwechslung. Denn irgendwie mangelt es nach längerer Spieldauer doch an musikalischer Überraschung – man weiß irgendwie doch, was als nächstes kommt.
Um diese Aussage Lügen zu strafen, beschert dann allerdings der achte Song „Mind Control“ einen regelrechten „Aha-Moment“: Hier passt (endlich) alles – melodisch volle und präzise Gitarrenriffs, passende Growls, Blast-Gewalze und eingängiger Abschluss, der gänzlich anders klingt, als der Rest des Albums und trotzdem unverkennbar dazu passt. Nicht zuletzt dieser eigentlich untypische Track besiegelt die Aussage, dass die Jungs mit der neuen Platte einen großen Schritt nach vorn gemacht haben und weiterhin Potential nach oben erkennbar ist, sofern der Mut aufgebracht wird, sich mal etwas aus dem Fenster zu lehnen.
Zusammenfassend ist „Utopia 2.0“ ein würdiger Nachfolger todesmetallischer und ost-älbischer Rohkost und wieder einmal der Beweis dafür, dass man nicht erst über den großen Teich schauen muss, um schmackhaften Deathcore serviert zu bekommen.
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