Necros Christos - Domedon Doxomedon

Review

Ich hab eigentlich meinen Platz im Himmel schon verdient. Weil ich es geschafft habe, die Tracklist von NECROS CHRISTOS neuestem Evangelium „Domedon Doxomedon“ einigermaßen sauber zu übernehmen. Das war schon eine anstrengende Aufgabe. Und dann auch noch fast 2 Stunden Musik auf 3 Platten durch exerzieren, sezieren und sich erleuchten lassen? Tja, das Himmelreich ist nicht für die Müßiggänger oder so ähnlich stand es ja irgendwo geschrieben. Traurigerweise markiert die letzte Platte auch gleichzeitig das Ende des musikalischen Schaffens von NECROS CHRISTOS – wie zuvor auch angekündigt. Können die Berliner mit dem neuesten Streich abliefern oder hat man sich an dieser testamentarischen Aufgabe etwas     übernommen?

Wie schon von den Vorgängern gewohnt, ist das ganze Opus wieder in „Temples“ und „Gates“ aufgeteilt, die die eigentlichen Songs flankieren und als Zwischenspiele dienen. Das muss man mögen, auch wenn es im Kontext Sinn ergibt und schlüssig ist. Allerdings gibt es hier keine einnehmenden sakralen Orgelparts mehr wie auf „Doom of the Occult“, oft stehen eher östliche Musikeinflüsse im Zentrum (aber auch immer noch gewisse Einflüsse aus Klassik oder Barock), die man auch schon im Nebenprojekt von Mors Dalos Ra, RA AL DEE EXPERIENCE bestaunen durfte.

Necros Christos 2018

NECROS CHRISTOS Abschlussmonument: Auf bekanntem Fundament gebaut, hat aber neuerliche Verzierungen

Das Album ist in 3 Teile aufgeteilt (Die 3 und gewisse Vielfache sowie Zahlen in Beziehung dazu werden dem aufmerksamen Leser vielleicht schon aufgefallen sein) und der erste „richtige“ Song, den man entgegen gepfeffert bekommt, hört auf den Namen „I Am Christ“. NECROS CHRISTOS überraschen ein wenig mit einem sehr abwechslungsreichem und langen Song mit über 12 Minuten als „Opener“. Dabei sind die gewisse Schwere, der tödliche Groove und diese undefinierbare, gewisse okkulte Atmosphäre, die schon immer den Reiz bei NECROS CHRISTOS ausgemacht hat, immer noch vorhanden. Gleichzeitig gibt es neue Einflüsse wie ruhigere Passagen oder auch mal ausgedehntere Soloausflüge, beschwörende mehrstimmige Gesänge im Hintergrund, was es so zumindest in dieser Form (in den eigentlichen Songs anstatt den Zwischenspielen) vorher noch nicht bei NECROS CHRISTOS gab. Die Leadarbeit ist auf dem neusten auf der einen Seite sowohl so technisch ausgereift wie noch nie (auch wenn NECROS CHRISTOS jetzt natürlich immer noch kein Tech Death sind, aber ich denke man versteht was ich meine) und auf der anderen Seite emotional ebenso mitnehmend, nicht zuletzt dank einer gewissen gestiegenen Einflussnahme anderer Stile im bisherigen Sound. Dafür gebührt Mors Dalos Ra und Reverend N. an der Saiten-Fraktion schon mal Lobpreis (und Drummer Ivan Hernandez und Basser Peter Habura, die ebenfalls beide einen prima Job machen, natürlich auch).

Mehr Groove-betonte und im Midtempo wildernde Songs wie die Nachfolger „Tombstone Chapel“ und „He Doth Mourn In Hell“ kann man mit 6 und 7 Minuten auf diesem Album schon als kurz und knackig beschreiben. Dabei werden Erinnerungen an so kleine „Hits“ wie „Necromantique Nun“ oder „Va Koram Do Rex Satan“ wach, da man musikalisch hier in eine ähnliche Kerbe schlägt. Das spannt den Bogen schön von bekanntem  im NECROS CHRISTOS Sound zu den eben erwähnten „neuen“ Einflüssen, die man unter anderem im Abschlussepos „In Meditation On The Death Of Christ“ (dat Outro), „The Heart Of King Solomon In Sorcery“(Blasts bei NECROS CHRISTOS, juchei!) oder auch dem grandiosen „Seven Altars Burn In Sin“ (mit klassischen Metal-Einflüssen, die teilweise an u.a. METALLICA zurück denken lassen) und „Exodos“  bestaunen kann. Da gibt es unter anderem beinahe rockige Leadarbeit, an Thrash angelehnte Parts, ausführliche Solo-Ausflüge, ruhigere Zwischenspiele oder auch mal straightes Death Metal Gebolze zu hören. Das tolle daran ist: Das Album steigert sich so auch von hinten nach vorne: Während die „kürzeren“ Midtempo Songs im ersten Teil ITH von „Domedon Doxomedon“  (und teilweise auch auf der zweiten Platte SET) für sich genommen recht solide sind, will sich richtige Begeisterung erst bei den längeren Tracks einstellen. Eingängig ist natürlich anders bei  diesen Songs jenseits der 10 Minuten, aber musikalisch bieten sie doch ein wenig mehr preis wie das übliche „Rezept“, welches man von NECROS CHRISTOS bislang gewohnt war und das ist – nicht zuletzt bei den gewaltigen Ausmaßen des 3-fachen Werkes von „Domedon Doxomedon“ – sehr begrüßenswert.

 

„Domedon Doxomedon“ verlangt Exegese und Geduld – legt dann aber durchaus mit jeder neuen Runde neue Wahrheiten preis

Eine ganze Sitzung von vorne bis hinten ist bei so einem Werk natürlich schon wahnsinnig anstrengend… Wie man es möglichst NICHT machen sollte, haben ALTAR OF PERVERSION letztens ja schon vorgemacht. NECROS CHRISTOS erliegen demselben Fehler glücklicherweise nicht, was auch viel mit der Strukturierung zu tun hat und dem Besinnen auf die eigenen Stärken, anstatt Songs unnötig in die Länge zu ziehen.
Diese Dreiteilung hat nämlich einige Bewandtnis: Zum einen hat das natürlich thematisch und konzeptionell einen Hintergrund, auf der anderen Seite muss man sich „Domedon Doxomedon“ nicht komplett rein fahren (was allerdings – langen Atem und ein ruhiges Plätzchen voraus gesetzt – durchaus möglich ist), sondern kann die Teile einzeln anhören, wieder und wieder durchexerzieren, neue Eindrücke finden und dann mit dem nächsten Teil weiter machen, ganz nach seiner Fasson. Wer keine Lust auf die Zwischenspiele hat, kann einfach bei CD oder digitaler Kopie weiter skippen bzw. eine Liste nur der Songs anlegen (was auf Platte natürlich schon eher schwierig ist) oder im Gegenteil, wenn man so Gefallen an einem bestimmten Zwischenspiel hat, das einfach auf Repeat setzen. Ich habe gegen mehr Musik erst einmal nix einzuwenden, schwanke bei manchen Zwischenspielen aber etwas, da ich sie durchaus für verzichtbar halte, ohne dass der Platte dadurch etwas genommen wird. Bei anderen wäre ich schon traurig, wenn sie nicht existieren würden, vor allem die eher orientalisch beeinflussten Stücke haben es mir angetan. Schön wären auch längere Zwischenspiele gewesen, wie auf „Doom of the Occult“ beispielsweise die in meinen Augen wirklich tollen „Gate II“ oder „Gate IV“, die schon eigene kleine Songs für sich waren. Aber man kann nicht alles haben. Somit bleibt der einzige Kritikpunkt eigentlich nur die doch etwas ermüdende Länge des Gesamtwerkes. Ich bin durchaus auch Fan längerer Songs oder Scheiben, gerade wenn es etwa in den atmosphärischen Death oder Funeral Doom Bereich geht. Aber an einem gewissen Punkt macht halt jedes Hirn schlapp. Auf der anderen Seite kann man das neueste dann durch die Aufteilung in 3 auch getrennt für sich genießen… und hat somit prinzipiell 3 einzelne Messen mit jeweils leicht anderer Auslegung der Predigt vorliegen. Hallelujah!

 

11.05.2018
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