Necronomicon - Invictus

Review

Der Verlauf ihrer Karriere liest sich wie eine katastrophale Leidensgeschichte. Obwohl der Bandkopf Volker „Freddy“ Fredrich mit DESTRUCTIONs Schmier die Schulbank gedrückt hatte, blieb seiner Band der große Thrash-Durchbruch verwehrt. In den 80ern zwang ihr damaliges Label GAMA-Records die Band dazu, für 10 Jahre (!) ihre Namens- und Songrechte abzugeben. Das nächste Label (D&S Records) meldete Insolvenz an und tauchte unter. Zwischenzeitlich verbrannte das meiste Equipment der armen Jungs in ihrem Proberaum. Und dann kamen die 90er und Thrash hat kein Schwein mehr interessiert.

Und was tun nun die vier Herren Anfang 2012? Sie veröffentlichen mal eben eines der besten Genre-Alben seit Jahren. Das mag sich übertrieben anhören. Ist es aber nicht. „Invictus“ ist ein Meisterwerk geworden, bei dem die Kinnlade die ganze Spielzeit lang irgendwo auf Brusthöhe baumeln bleibt. NECRONOMICON spielen sehr melodischen Thrash, der zeitweise mit klassischem Heavy Metal verschmilzt und so für eine ungeheuer spannende Mischung sorgt. Das Album strotzt nur so von geilen Ideen, die fast immer perfekt umgesetzt werden. Los geht es mit dem Titeltrack. Eine gesprochene Passage leitet das Spektakel ein, gefolgt von einem Über-Gitarrenlick. Melodie, ein bis ins Mark gehender Schrei und ab gehts mit durchgedrücktem Gaspedal. Was für ein Energiebolzen! Die Songstrukturen sind oft etwas ausgefeilter (man denke an die dänischen ARTILLERY), jedoch stets fokussiert und genau auf den Punkt gebracht. Ganz ehrlich – hier gibt es so viele Kracher, dass es schwer fällt, sie alle aufzulisten. Jeder Song besitzt einen eigenen Charakter, zusammen ergeben sie ein homogenes Bild, es fehlt weder an Abwechslung, noch an Energie. Wunderschöne Soli sind hier Standartware und über allem thront die Stimme von Volker. Spätestens mit diesem Album zeigt der Mann, dass seine Kehle momentan zu einer der besten im ganzen Thrash-Gebiet gehört.

Selbst der etwas schwächere Song „Thoughts Running Free“ kann lediglich im Detail nicht überzeugen. Ist auch schwer, wenn man von perfekten Kompositionen wie „Upon Black Wings“ und „Bloody Bastards“ umgeben wird. Manchmal passen die cineastischen Einspieler zwischen den Songs nicht ganz in den Rahmen. Aber das war es auch schon mit Kritik. Der Rest ist Lob, Lob und nochmals Lob! Ganz ehrlich – wer mit diesem Album nichts anfangen kann, der steht einfach nicht auf Metal. Diese Scheibe ist genreübergreifend gut. Perfekter Sound, perfekte Balance zwischen Härte und Melodie und sogar eine Halbballade, die selbst  HELLOWEENS Meisterwerk „Keeper Of The Seven Keys“ bereichert hätte („Before The Curtain Falls“). 

Mit „Invictus“ bringen NECRONOMICON schon direkt zu Jahresbeginn einen absoluten Höhepunkt. Hoffentlich braucht die Band nicht erst einen rührenden Dokumentarfilm, damit die Fangemeinde endlich erkennt, dass es abseits der großen drei Thrashern aus dem Ruhrpott auch noch eine andere Kapelle gibt, die das Potential für die Bühnen dieser Welt mit sich bringt. Ernsthaft – kauft es!

20.01.2012
Exit mobile version