Im Jahr 2021 beendeten die griechischen Black-Metal-Urgesteine NECROMANTIA ihre Schaffensphase mit „To the Depths We Descend…“. Anlass der Bandauflösung war der Tod des Gründungsmitglieds Baron Blood, der 2019 einem Herzleiden erlag. Als eine der ersten Bands der griechischen Black-Metal-Szene haben NECROMANTIA über die Jahre viel erlebt und das entstehende Genre auch weit über ihre Heimat hinaus mitgeprägt. Letztes Jahr hat das verbliebene Gründungsmitglied The Magus zusammen mit dem Journalisten und Autor Aris Shock die offizielle Bandbiografie „The Serpent & The Pentagram: The Official Chronicles of Necromantia“ herausgebracht. Shock ist selbst Zeitzeuge und hat das Buch „Rites Of The Abyss: The Genesis And History Of Greek Black Metal“ veröffentlicht. Im Rahmen unseres Besuches in Athen zum NECROMANTIA-Folgeprojekt THE MAGUS haben wir ein Exemplar erhalten und dieses eingehend studiert.
Edle Aufmachung
Zuerst fällt die edle Aufmachung des Buches auf. Im Hardcover ist das Bandlogo in roter Metallic-Schrift eingeprägt und das dicke Papier mit leichtem Glanz erinnert an einen Bildband. Die vielen abgedruckten Fotos und Illustrationen kommen so in sehr hoher Qualität zur Geltung. Trotz der ’nur‘ knapp über 200 Seiten bringt das Buch fast ein Kilo auf die Waage. Die Unterteilung in zahlreiche Kapitel verpackt den Inhalt in mundgerechte Portionen, auch für zwischendurch. Insgesamt fällt der Lesekomfort hoch aus.
Inhaltlich birgt die Biografie einen Schatz an Informationen und Anekdoten, die sich nicht auf die Geschichte von NECROMANTIA beschränken. Vor allem zu Beginn versetzen die Erinnerungen von The Magus, die im Stil des Geschichtenerzählers ohne viel redaktionelle Bearbeitung wiedergegeben werden, zurück in das Athen der 90er Jahre. Briefwechsel und Tape-Trading, beides aus der sich entwickelnden Szene anderswo bekannt, gab es auch hier. International stand man ebenfalls in Kontakt. Ein weiteres Thema ist die Stilfindung in einer Zeit, in der Black Metal noch mit Death, Thrash und anderen Genres in einer Ursuppe herumwaberte. Die Bedeutung, die NECROMANTIA hierbei zukommt, wird durch die vielen enthaltenen Kommentare bekannter Namen aus der Szene deutlich.
NECROMANTIA als Wegbereiter und -begleiter
Weggefährten, die zu Wort kommen, sind wenig überraschend ROTTING CHRIST und SEPTICFLESH als die beiden großen griechischen Bands. Aber auch viele andere haben Quotes beigesteuert. Darunter Fenriz (DARKTHRONE), Alan Averill (PRIMORDIAL), Dani Filth (CRADLE OF FILTH), Erik Danielsson (WATAIN) und Nergal (BEHEMOTH). Letzterer bezeichnet NECROMANTIA als einen der bedeutendsten Acts der 90er Black-Metal-Szene (S. 60). Den Großteil des Textes stellen jedoch die Erinnerungen von The Magus, der neben den großen Zusammenhängen und Entwicklungen auch viele kleine Anekdoten preisgibt. Beispielsweise darüber, wie er zufällig am Studio vorbeikam, als ROTTING CHRIST gerade aufgenommen haben, und spontan von der Straße für Gastvocals auf „In Nomine Dei Nostri“ („Rituals“) rekrutiert wurde. Später erfahren wir in einem anderen Kapitel, dass es dazu nur kam, weil der Empfang im Studio so schlecht war, dass Sakis Tolis zum Telefonieren vor die Tür musste.
Wie erwähnt, wurde redaktionell wenig nachbearbeitet. Dadurch fühlt sich das Buch so persönlich an, wie es gemeint ist. Sprachlich und die Kohärenz betreffend, hätte ein wenig mehr Lektorat allerdings gutgetan. Zudem würde man sich zum Briefwechsel mit ‚Count Grishnackh‘ – Varg Vikernes von BURZUM – mehr Einordnung und Positionierung wünschen. The Magus geht im Kapitel zur Satanic Panic in Griechenland zwar explizit darauf ein, dass er mit ihm aufgrund von Vikernes‘ Interpretation von LaVeys Satanismus als ‚weißem‘ Satanismus eine starke Meinungsverschiedenheit hatte. Es bleibt aber bei dieser knappen Aussage zur Auslegung des Glaubens. Trotz dieser kleinen Abzüge ist „The Serpent & The Pentagram: The Official Chronicles of Necromantia“ eine Leseempfehlung für alle, die sich die Entwicklung des Black Metal gerne mit der Lupe ansehen.
Eckdaten
- 227 Seiten
- Sprache: Englisch
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