Kann schon Spaß machen, so ein beinharter Stiefeltritt. Wenn er musikalisch daherkommt. Im Fall von NECRODEATH paaren sich Thrash Metal und Dunkelheit eifrig, um allen Rezipienten ein Energiebündel von Album zu bieten, das den chaotischen Charme von anno dazumal verherrlicht, sich aber nicht für erhabene Harmonie-Momente und technische Raffinesse schämt.
Als würde uns Fronter Flegias anzählen, um all die kommenden K.-o.-Schläge vorwegzunehmen: „1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8“ tönt es in italienisch geprägtem Englisch und der Opener bricht los. Aberwitziges Tempo und ein so starkes Hauptriff, dass man es sich einrahmen möchte, dominieren. Die technisch veränderte Stimme stört etwas. Ansonsten ist „Sloth“ ein lupenreiner Anheizer, der schon an den richtigen Stellen das Tempo verringert, um zu stampfen und einem netten Solo Platz zu machen, das sich gemütlich auf ein simples Thrash-Riff legt. Nach dem flotten Beginn erscheint das cleane Saitengezupfe zum Start von „Lust“ automatisch wie die Ruhe vorm Sturm. Das sich entfesselnde Main-Riff (sowas von erhaben!) bestätigt den Eindruck und erweckt einen zweiten: Die Italiener sind im Begriff, mit „The 7 Deadly Sins“ ein ungezügeltes Riff-Feuerwerk abzubrennen. Ui, ui, ui! Allein die ersten beiden Stücke vereinen Gitarrenideen, von denen andere Bands träumen.
Ein paar Fakten für alle, an denen NECRODEATH trotz gehobenem Status (zumindest im Heimatland Italien sicherlich metallisch-legendär) bislang vorbeimusiziert haben. Nach der Bandgründung im Jahr 1985 wurden ein Demo und zwei Studioalben herausgebracht, bevor es 1990 aufgrund von internen (Mitglieder) und externen (Plattenfirma) Gründen zunächst zur Auflösung kam. Die Neuformierung erfolgte rund acht Jahre später, und heute grinst man auf einen Haufen diabolischer Veröffentlichungen zurück, darunter elf offizielle Alben („The 7 Deadly Sins“ bereits mit eingerechnet) und eine DVD (2013). Das neue Werk beinhaltet zum ersten Mal auch italienische Texte und präsentiert neben den frischen Songs zwei Re-Recordings: „Thanatoid“ vom 1989er-Album und „Graveyard Of The Innocents“ von „Into The Macabre“ (1987).
Der neue Stoff, so liest man in den Promotexten, soll „back to the roots“ sein. In jedem Fall versprüht das Cover einen recht signifikanten Oldschool-Charme, und ja, auch der Sound ist angenehm organisch. Die Instrumente sind gut ausbalanciert, der Klang ist alles andere als modern und steril, aber trotzdem klar und differenziert. So verhunzen sich NECRODEATH ihr gutes Material nicht durch einen Sound, der angemessen modern sein soll, letztlich aber zu mechanisch klingt. Ganz allgemein finden die Italiener eine spannende Mischung aus brachialer Grundausrichtung und technischem Können. So erinnert die Rohheit an brasilianische Combos wie SARCÓFAGO und VULCANO, manch ein Solo und so einige Harmonien lassen an SLAYER denken, die energischen, scharfkantigen Thrash-Riffs an KREATOR und DESTRUCTION, die Schwärze an DESASTER, das Dunkle an CELTIC FROST, das Ungestüme an POSSESSED. Kann man so weiterführen oder einfach behaupten: Wer mit ein paar der genannten Bands etwas anfangen kann, wird auch eine Menge Spaß mit „The 7 Deadly Sins“ haben.
Neben den ersten zwei Liedern ist „Wrath“ ein klarer Anspieltipp: Erst ballert es ordentlich los, später gesellen sich Melodien dazu und exotische Klänge werden zaghaft integriert. Im Fokus des Songs steht aber eine punktuelle Härte, die Drummer Peso als Aushängeschild fürs neue Album definiert: „‚Wrath‘ ist einer der brutalsten, schnellsten und kompromisslosesten Songs, die wir je geschrieben haben. In gewisser Hinsicht sind wir zurück zu unseren Wurzeln gegangen. Dieser Song gibt dir definitiv eine Idee davon, wie das Album klingt: 100 % NECRODEATH. 100 % Hell!“. Noch Fragen?
Ich fand die Italiener ja immer eine Spur zu unterbewertet. Nach der Reunion zur Jahrtausendwende gab es nur 2 schwächelnde Alben („Idiosyncrasy“ und „Ton(e)s Of Hate“) der Rest war auf einem konstant hohen Niveau, bei dem jeder Old School Thrasher seine Freude haben dürfte. So auch hier.
Als Bonus hat man 2 alte Songs (vom 1. und 2. Album) neu eingespielt. Die Songs fallen dann vom Songwriting logischerweise etwas ab & klingen weniger technisch.