Nebelkrähe - Ephemer

Review

Zehn Jahre haben NEBELKRÄHE an ihrem dritten Langspieler “Ephemer“ gearbeitet. Entgegen dem Titel des Albums, der so viel bedeutet wie „flüchtig vergehend“, war die Arbeit an dem Album also alles andere als kurz. Inhaltlich wird das Titel-Adjektiv dann aber genauer beleuchtet; “Ephemer“ vereint Geschichten über geplatzte Lebensträume und soll eine Hommage an die Vergänglichkeit sein.

“Ephemer“ steckt voller verschiedener Einflüsse

Dass in den zehn Jahren Arbeit einiges an Überlegung in das Album geflossen ist, ist auf jeden Fall hörbar. Das Konzept ist rund und die Produktion stimmig. Jeder Song hat sein eigenes Thema und seine eigene Atmosphäre, die oft schon durch den Titel und sonst spätestens durch den Sound deutlich werden. So haben NEBELKRÄHE für “Nielandsmann“ Unterstützung von Noise von KANONENFIEBER und knüppeln in ähnlicher Manier über das Thema Krieg und Heimatlosigkeit, bis das Lied vom Geräusch eines Pistolenschusses beendet wird.

“Dornbusch (Im Norden Kein Westen)“ auf der anderen Seite ist eher von maritimen Texten und Geräuschkulissen geprägt und beschwört so eine ganz andere Atmosphäre herauf. Auch hier haben die Black Metaller sich Unterstützung geholt und konnten sG (SECRETS OF THE MOON, CRONE) als Gastsänger gewinnen. Der Beginn mit Akkordeon und die eingesetzten Meeresrauschen-Einspieler versetzen den Hörer hier direkt ans Meer mit seiner Weite und Offenheit, nur um ihn bei “Über Menschen Unter Tage“ mit alten Dokumentartexten und genauso schwarzem, rußigen Gesang wie Inhalt des Songs direkt danach in die Enge schwarzer, düsterer Stollen zu zerren.

So verschiedene Themen und Szenerien auf einem Album zu vereinen und dabei bei allen überzeugend zu wirken, ist eine Leistung, die NEBELKRÄHE sehr gut gelingt. Ein kleines bisschen wirken die starke Symbolik und überzeichneten Szenerien aber trotzdem so, als würden NEBELKRÄHE verschiedene Kostüme anprobieren und aus jedem ihrer Lieblingstheaterstücke eine kurze Szene aufführen, um zu schauen, was davon beim Publikum am besten ankommt. Dass die Metaller sich grundsätzlich weigern, sich final zwischen harschem Black Metal und lieblichen Melodieelementen zu entscheiden, ist in der Zwischenzeit deutlich geworden.

NEBELKRÄHE gehen weiter ihren eigenen Weg

“Ephemer“ ist eher eine Sammlung einzelner, unterschiedlicher Geschichten als eine zusammenhängende Geschichte und bietet eine ganze Bandbreite an Einflüssen, Gastkünstlern und Szenerien, sodass sicher jeder etwas auf dem Album findet, das ihm gefällt. Durch den starken Unterschied in Atmosphäre und experimentellen Elementen findet der ein oder andere aber bestimmt auch etwas, das ihm nicht so gut gefällt. Das Risiko gehen NEBELKRÄHE aber gerne ein und machen auf hohem Niveau weiter das, was sie wollen, nicht was von ihnen erwartet wird.

20.10.2023

"Es ist gut, aber es gefällt mir nicht." - Johann Wolfgang von Goethe

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