Dass man sich auf seinen Lorbeeren nicht ausruhen soll, ist eine altbekannte Weisheit. Weise ist allerdings auch, wenn man weiß, wann Schluss ist. Die Frage, ob eine Kultband wie NAZARETH, die nun bereits seit stolzen vier Dekaden eine Größe im Musikbusiness ist, es überhaupt noch nötig hat, mit weiteren Alben zu beweisen, was sie auf dem Kasten hat, muss jeder sich selbst beantworten. Zum 40. Geburtstag der Band mit einem neuen Studioalbum noch einmal zuschlagen zu wollen ist auf alle Fälle ein Wagnis. NAZARETH sind dieses Risiko eingegangen. Um das vorweg zu nehmen: So schlecht, dass es dem Status der Band gefährlich werden könnte, ist das Album sicher nicht – großartige Neuigkeiten, die bietet “The Newz“ allerdings auch nicht.
Wer erfahren will, wie ein Album, das es allen recht machen will, klingt, der höre sich “The Newz“ an. Die ganze Scheibe erweckt den Eindruck, als wolle die Band auf Nummer Sicher gehen und bloß keinen Reinfall riskieren. Fairerweise muss gesagt werden, dass genau das ihnen auch vorzüglich gelangt – leider nur wird “The Newz“ genau dadurch belanglos und ersetzbar, ja überflüssig. Ein Drittel der Songs könnten direkt aus den 70ern der Band stammen, ein weiteres Drittel bedient Fans der sanften “Love Hurts“-Radiophase der Band, das letzte Drittel zeigt NAZARETH als eine Band, die in der Gegenwart angekommen ist. Die ersten zwei genannten sind aufgrund des Backkatalogs der Band weitgehend vernachlässigbar, lediglich das letzte offenbart interessante Ansätze. Gleich im Opener “Goin‘ Loco“ lassen sich für die Band recht ungewöhnliche Töne vernehmen. Tatsächlich: irgendwie muss man hier an die RED HOT CHILI PEPPERS denken. Mit “The Gathering“, zweifelsohne das härteste Stücke auf der Platte, geht die Band ebenfalls auf unbekannten Pfaden: das Drumming ist metaltypisch, und die krachenden Riffs begeben sich auf die Heavy-Metal-Hardrock-Gratwanderung. Die Stimmung des Songs ist düster und beklemmend, und auf alle Fälle eines: fesselnd!
Um mit “The Newz“ ein wirklich gutes Album zu veröffentlichen, hätten NAZARETH zwei Wege gehen können. Hätten sie den neuen Pfad, den sie auf einigen Songs aufzeigen, konsequent beschritten, das Album wäre sicher höchstinteressant geworden. Die zweite Option wäre ein pures Hardrockalbum gewesen. Eines, das dann aufgrund der Qualitäten und Erfahrung der Band musikalisch kaum Zweifel zulässt aber trotzdem von niemandem mehr gebraucht wird. Ein weiterer und letzter Kritikpunkt ist die Produktion. Die Idee, den Spirit alter Tage am Leben zu erhalten und den Sound auf alt zu trimmen mag löblich sein – zeitgemäß ist das heutzutage aber nicht mehr. Da wäre weit mehr drin gewesen. Hinzu kommt, dass die Produktion viel zu steril ist und damit leblos und nicht einmal im Ansatz organisch wirkt. So an den Reglern zu drehen, dass möglichst alles auf eine Lautstärke hoch- oder runtergeschraubt wird, das ist eindeutig ein Schuss in den Ofen. Auch wenn NAZARETH – womöglich verdienterweise – einen noch so hohen Kultstatus genießen; man braucht nicht allzu frech zu sein, um festzustellen: “The Newz“ ist ein Album, das niemand, nicht einmal die Band selbst, gebraucht hätte.
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