Fans haben die Nachricht schockiert zur Kenntnis genommen. Sänger und Gründungsmitglied Dan McCafferty hat nach über vierzig Jahren die schottische Rockinstitution NAZARETH aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Als Abschiedsgeschenk hat McCafferty seinen Bandmitgliedern und Fans noch für das aktuellen Album “Rock ‘n’ Roll Telephone” im Studio zur Verfügung gestanden. Besagte Scheibe ist nun veröffentlicht, aber leider nicht der fulminante Abgang geworden, den man dem Sänger gewünscht hätte.
Es verhält sich sogar so, dass “Rock ‘n’ Roll Telephone” eine der schwächsten Scheiben von NAZARETH darstellt. Das liegt weniger an der Performance von Dan McCafferty, der gewohnt souverän mit seiner rauchigen Stimme durch die Songs führt. Aber auch der gute Dan kann die Stücke trotz einer starken Performance nicht davor schützen, sich im unteren Mittelfeld festzusetzen. Songs wie “God Of The Mountain”, der Titeltrack, “One Set Of Bones” oder “Speakeasy” entfalten einfach nicht die von anderen Alben bekannte Intensität. Ich will nicht sagen, dass es keine Ansätze gibt – aber es bleiben nur Ansätze, die klingen, als wären sie nicht zu Ende durchdacht worden. Da ist man von den Schotten ganz andere Kaliber gewohnt, so dass sich schon nach wenigen Stücken große Enttäuschung breit macht. Hinzu kommen Nümmerchen (man kann es nicht anders nennen) wie das luftige “Back 2B4” oder die Balladen “Winter Sunlight” und “The Right Time”, die dem Album völlig den Drive nehmen. Man erwartet natürlich kein zweites “Love Hurts”, aber etwas mehr Substanz hätten die Tracks doch vertragen können. Vieles will hier einfach nicht zusammen passen, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass NAZARETH wenig motiviert ins Studio gegangen sind. Das ist jedenfalls mein Eindruck, denn ich kann mir nicht erklären, wie ein derartiger Qualitätsabfall zu vorgegangen Alben anderweitig zustande kommen sollte. Wie dem auch sei, gelungen ist auf “Rock ‘n’ Roll Telephone” sehr wenig und auch etwas knackigere Stücke wie “Punch A Hole In The Sky” lassen nur bedingt aufhorchen. Das Gros des Materials muss sich den Vorwurf zu langweilen gefallen lassen.
Es ist wirklich schade, dass Dan McCafferty von seinen Bandkollegen gerade bei diesem Album so hängen gelassen wird. Er hätte definitiv einen würdigeren Abschied verdient gehabt. So bleibt “Rock ‘n’ Roll Telephone” nicht mehr als ein Ärgernis in der Diskographie von NAZARETH, die uns mit Alben wie “Razamanz” oder “Hair Of The Dog” so viel Freude bereitet haben. Vielleicht sollte die Band generell über einen Abschied vom Business nachdenken, bevor man sich selbst demontiert – falls das mit dem aktuellen Album nicht schon geschehen ist.
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